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Knockout 51 - Prozess

46. Verhandlungstag – KO51 – 28.05.24

Zu diesem Verhandlungstag wurde ein Polizeibeamter als Zeuge vernommen und einige Beweismittel rund um eine Demonstration in Kassel sowie in Eisenach werden eingeführt.

Polizeibeamter über KO51

Heute wurde ein Polizeikommissar, gegen den aktuell ein Verfahren wegen Geheimnisverrat läuft, als Zeuge vernommen. Er wurde über seinen Eindruck zu KO51 befragt.

Über seine Berührungspunkte zu KO51 im Rahmen seiner Arbeit sagte er: „2019 gab es die große Demo in Eisenach, dann die verschiedenen Sachverhalte (…) oder das Flieder Volkshaus, das in Mitleidenschaft gezogen wurde. [Da] gab es von der Szene dann ein größeres Schutzbedürfnis. Das Bulls Eye wurde mehrfach angegriffen und das Flieder Volkshaus dürfte Ihnen bekannt sein. Da gab es mehrere Anfragen im Vorfeld, wenn irgendwelche Veranstaltungen stattfinden sollen. Da war er [Leon R.] der Ansprechpartner und ich habe die Sachverhalte bearbeitet. Das gab es immer mal.“

Er könne nicht genau sagen, seit wann er von der Gruppierung weiß und wann diese erstmalig auftrat. Er vermutet, dass das im Jahr 2017 oder 2018 gewesen sei. Immer wieder sei der Name dann gefallen, vor allem im Zusammenhang mit Personen, die Dinge sagten wie „wenn (…), schick ich meine Freunde von KO51 vorbei“. Die Gruppe habe eine bedrohliche Wirkung gehabt.

Er habe vor allem mit Leon R. Kontakt gehabt, wenn dieser was von ihm oder der Polizei im Allgemeinen wollte. In einem aufgezeichneten Telefonat klärt der Polizist auf Nachfrage R.‘s darüber auf, was dieser tun könne, wenn Polizeibeamte vor seiner Tür stehen und er die Sorge hat, diese könnten keine echten Beamten seien. Der Zeuge meinte in dem Telefonat dann zu R., dass dieser nach einem Fahrzeug draußen schauen solle oder auch auf der Polizeidienststelle anrufen und nachfragen könne. In solchen Fällen jedenfalls würde die Gruppe KO51 mit der Polizei kooperieren. Wenn die Polizei jedoch was von ihnen wollte, sei dem eher weniger so. Wegen des Flieder Volkshauses stand der Zeuge auch mit Patrick Wieschke in Kontakt. Das Gespräch wird später auch vorgespielt.

Der Vorsitzende Richter fragt den Zeugen, ob er den Eindruck gewonnen habe, KO51 würde eine Art Ordnungsmacht in Eisenach darstellen. „Das ist mir so nicht bekannt geworden“ antwortete der Beamte. Allerdings sei auffällig, dass in den Stadtteilen, wo „viele Anhänger der rechten Szene wohnen, vermehrt Hakenkreuze (…) aufgetaucht sind.“

Auf Nachfrage erklärt er weiter, dass es in Eisenach jedoch keine Stadtteile gebe, wo sich Polizeibeamte nicht hin trauen würden, oder ähnliches. Es gebe keine „No Go Areas“.

Der Verteidiger von Leon R. und ehemals Liedsänger einer Rechtsrockband, Steffen Hammer, liest ein angebliches Gespräch zwischen dem Zeugen und seinem Mandanten vor. Letzterer informiert den Polizisten darüber, dass seine Familie besser geschützt werden müsse. Leon R. erzählt ihm von seinem geplanten Umzug und nennt die neue Adresse. Dieses Gespräch würde zeigen, dass es ein Vertrauensverhältnis zwischen den Männern gab, sonst hätte der Angeklagte seine Adresse sicher nicht ohne Weiteres mitgeteilt.

Polizist berät Leon R. am Telefon

Zudem habe Leon R. sich bei dem Beamten darüber informiert, wie man sich zu verhalten habe, wenn Polizisten vor der eigenen Haustür stehen. Dieses Gespräch wurde weiter oben bereits angeschnitten. Anlass war der Überfall auf einen Neonazi in Erfurt, bei dem die Täter sich als Beamte ausgegeben hatten, um in die Wohnung des Geschädigten zu kommen. Dieser Vorfall scheint Leon R. Sorgen bereitet zu haben. Das diesbezügliche Telefonat wird abgespielt. Der Zeuge sagt in dem Telefonat, dass Leon R. in einem solche Fall zunächst aus dem Fenster schauen solle, um zu überprüfen, ob auch tatsächlich Dienstwagen vor Ort sind. Und sollte die Situation zu einer geeigneten Tageszeit auftreten, könne Leon auch in der Dienststelle anrufen, um sich zu vergewissern, dass aktuell ein Einsatz stattfinde. Falls dem nicht so sei, könnte man dann eine Streife vorbeischicken.

Rechtsanwalt Hammer fragt den Zeugen, ob er sich an das abgespielte Telefonat erinnere, was dieser verneinen muss. Wenn die Zuhörer allerdings der Meinung sind, dass es sich da um seine Stimme handele, dann sei dem wohl so. Der Rest der Verteidiger hat zunächst keine Fragen an den Zeugen, sodass den Vertretern der Generalbundesanwaltschaft das Wort erteilt wird.

Auch dieser fragt zunächst nach den Anfängen, wann der Beamte erstmalig von KO51 gehört habe und was er aus seiner dienstlichen Erfahrung mitbringe, um was für eine Gruppe es sich handele. Hierzu meint der Zeuge: „das sie Kampfsport trainieren, ‚Kampf der Nibelungen‘, wo sich viele treffen und Kämpfe austragen, die dann in den neuen Bundesländern stattfinden. Ansonsten sind die Sachen immer wieder aufgetreten durch meistens auch Zeitungsartikel, wissen mehr (…) durch Artikel kundgegeben, wer der Szene angehört.“

Kampf der Nibelungen – „eine reine Kampfsportveranstaltung“ sagt der Polizist

Auf Nachfrage beschreibt der Zeuge den Kampf der Nibelungen als reine Kampfsportveranstaltung. Eine politische Haltung von KO51 lasse sich wenn dann durch die Verbindung zum Flieder Volkshaus herstellen, die Geschäftsstelle der NPD, jetzt „die Heimat“ genannt.

Es wurde noch über Graffiti Angelegenheiten gesprochen. Die Markierungen in der Öffentlichkeit als „Nazikiez“ oder „NS-Zone“ lassen sich auf Nachfrage des Rechtsanwalts Hentze zwar nicht unbedingt KO51 zuordnen. Allerdings stand dieser Name oft direkt daneben. Die Verteidigung erkundigt sich danach, ob es auch linke Schmierereien gegeben hätte und fragt, ob sowas wie eine „Antifa-Area“ bestünden hätte. Der Beamte gibt an, dass es das auch gegeben habe. Auf Nachfrage, was das bei ihm auslöse, sagt der Polizist: „denen sollen die Hände abfallen. Aber gehen Sie mal durch die Straßen, ob von rechts oder links (…) Damit solche Schmierereien einfach nicht mehr da sind. Ist einfach sinnfrei.“

Zuletzt erkundigt sich Rechtsanwalt Hammer, wie viele Personen der Beamte in Eisenach der rechten Szene zuordnen würde. Dies sei laut dem Zeugen schwer zu sagen. Er gehe von mehr als 10, vielleicht 20 aufwärts aus. Bei Konzerten seien zwischen 60 und 80 Leute gekommen.

Der Vorsitzende Richter bedankt sich bei dem Beamten und entlässt ihn aus dem Zeugenstand.

Beweisaufnahme wird fortgeführt

Die Beweisaufnahme fährt fort und das Urteil vom AG Tiergarten vom 27.05.2021 gegen Kevin N. wird eingeführt und das Protokoll wird verlesen. Er wurde wegen Verstoßes gegen das VersG und Angriff auf Beamte freigesprochen.

Weiter werden diverse Vermerke der Polizei eingeführt im Selbstleseverfahren. Lichtbilder von Instagram und Facebook Screenshots (Bilder, Texte, User) werden gezeigt u.a. „Eskalationistische Partei Deutschland – mehr Geld für EPD“.

Es kommt kurzerhand zu einer Diskussion zwischen dem Vertreter der Generalbundesanwaltschaft Herrn Oehme und dem Vorsitzenden Richter. Oehme merkt an, dass nicht alle Vermerke vollumfänglich eingeführt wurden. Auch aus vergangenen Verhandlungstagen seien in diesem Zuge noch Lücken festzustellen. Vor allem soll es dabei um eine Aufnahme gehen, die qualitativ mangelhaft und daher kaum zu verstehen war. Das Gericht kümmerte sich wie angekündigt auch um eine Nachbearbeitung, diese hatte allerdings keinen Erfolg. Somit läge wohl ein „untaugliches Beweismittel“ vor, so der Vorsitzende Richter. Oehme fragt daraufhin, wie dann hier eine Protokollierung des Gesprächs zustande gekommen sein kann. Die Diskussion dreht sich im Kreis und letztlich verweist der Senatsvorsitzende darauf, dass nicht alle Beweise zwangsläufig eingeführt werden müssen und der Aufwand mit zu berücksichtigen sei.

Leon R.: Vorwurf der Körperverletzung in Kassel

Das nächste Thema ist die Demonstration in Kassel „Frühlingserwachen – Die Welt steht auf“, „Freie Bürger Kassel“ vom 20.03.2021. Leon R. habe links-politische Menschen angegriffen und wurde von der Polizei festgenommen. Der Tatvorwurf lautet Körperverletzung und Fotos wurden angefertigt. R. habe ein Messer dabei gehabt. Diverse Gespräche zwischen Leon R. und Anderen folgen. So berichtet der Hauptangeklagte in einer Unterhaltung nach der Demonstration seinem Gesprächspartner: „Kommt so’n Linke mitten auf unserer Demo. Wollte dem erst paar auf die Fresse hauen. Dann ging es da los (…)“.

In einem späteren Gespräch führt R. vermeintlich zu diesen Vorgängen in Kassel aus: „Auf die Fresse bekommen, Regenschirm auf den Kopf gehauen, auf den Kopf geschlagen (…) weiter gesprintet.“ R. zeigt sich in einem weiteren Chat verwundet, dass sein Name durch die politischen Gegner auch so erkannt wurde, ohne dass die Polizeibeamten vor Ort ihn ausgesprochen hätten.

Zu diesem Sachverhalt übersendet eine weitere männliche Person R. einen Screenshot aus dem Kanal „Antifa Info Kassel“. Darin heißt es „Der heutige Tag wirf Fragen auf, Leon Ringl kann ziemlich schnell rennen (…)“

Später meint R. zu einem Freund, Marvin W., dass er gespannt sei „wann jetzt die nächste Racheaktion von den Zecken kommt.“

Querdenken Demonstration in Thüringen:

Eric K. und Ulrike E., die Mutter von Leon R., telefonieren wegen Demo am 08.02.2022 in Eisenach. Zuvor hatte Eric K. sich über die Bereitschaftspolizei erkundigt, wie diese aufgestellt seien etc. Er meinte es wäre besser, wenn die woanders Kapazitäten aufbringen müssen, für ihre eigene unangemeldete Demo. K. und E. unterhalten sich über die Transparent-Idee von Eric: „Die fünfte Welle“. Die Organisation rund um die Demonstration wird besprochen. Ulrike E. meint: „Wir sind keine Spaziergänger, damit verharmlosen wir uns selbst, wir sind alle Wutbürger, wir sind aktive Demonstranten“.

Zu diesem Tag werden Videos der Polizei abgespielt. Dabei ist Eric K. vermummt mit Megafon zu sehen. Er gibt Sprechchöre vor und steht noch vor der ersten Reihe des Demonstrationszuges bei den Transparenten. Dabei gibt u.a. den Sprechchor vor: „Wir sind kein Vieh der Pharmaindustrie“ oder „Friede, Freiheit, Souveränität“.

Die Demonstration wurde über den YouTube Kanal von Michmali2.0 gestreamt. Auch in diesem Video war zu sehen, wie vermutlich Eric K. in einem „Kampf der Nibelungen“-Pullover den Demonstrationszug anführte. Vereinzelt wurden zudem Fackeln mitgeführt und Reichs- sowie Deutschlandflaggen geschwungen.

Am darauffolgenden Freitag, den 31.05.2024, sollten die letzten zehn Fußnoten beendet werden. Der Vertreter der Generalbundesanwaltschaft kündigte Beweisanträge an.