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Knockout 51 - Prozess

29. Verhandlungstag KO51 11.03.2024

Am 29. Verhandlungstag drehte es sich im Wesentlichen erneut um die von den „Knockout51“-Mitgliedern als notwendig erachtete Bewaffnung. In diesem Zusammenhang wurden im weiteren Verlauf auch gemeinsame Schießtrainings in Tschechien behandelt.

Gefährlicher Bogen und Macheten

An Anknüpfung an den vorherigen Verhandlungstag wurde nochmals der Compound-Bogen thematisiert. Dieser und Pfeilspitzen wurden in der Gaststätte bei Leon R. aufgefunden. Mittels einer telefonischen Anweisung an Wieschke wollte R. sicherstellen, dass niemand den Bogen anfasse. Dabei musste Wieschke zunächst noch über die Funktionsweise eines Bogens aufgeklärt werden.

Nach einer Schulungsveranstaltung im Juli 2021 soll Maximilian A. für drei weitere Mitglieder Macheten bestellt haben. In einem aufgezeichneten Gespräch mit Leon R. und Bastian Ad. erzählte er, dass er die Macheten am kommenden Montag abholen wolle. In dem gleichen Gespräch lobte Leon R. außerdem ein KO51-Mitglied, da es sich fast mit einem „Assi“ geprügelt habe und „langsam mal zuschlagen“ müsse.

Schließlich ging aus weiteren Gesprächen hervor, dass A. die Macheten am 22. Juli 2021 zu dem gesondert verfolgten Maximilian H. gebracht hat. Bastian Ad. zeigte sich echauffiert darüber, dass er bei der Bestellung nicht berücksichtigt wurde. Rechtsanwalt Hammer wies im Anschluss darauf hin, dass die Macheten genauso gut für ein weiteres Zeltlager angedacht gewesen seien, da hier ein zeitlicher Zusammenhang bestünde.

Angebliche Fluchtfahrt

Fortgesetzt wurde mit einem Telefonat zwischen Leon R. und Eric K. vom 11. Dezember 2021. Dabei meldete K., am Flieder Volkshaus „eine kleine Zeckengruppe“ erblickt zu haben. R. ordnete daraufhin an, Maximilian A. zu informieren und Fotos von den Personen zu machen, da er gerade arbeiten müsse. Nachdem Eric K. niemanden mehr auffinden konnte, waren sich Leon R. und er darüber einig, dass das Tragen eines Messers für solche Situationen unabdingbar sei.

Auch am 14. Januar 2022 (Jahrestag der Aktion gegen das Bull’s Eye) rechneten Leon R. mit Überfällen durch Linke, woraufhin sich KO51-Mitglieder entsprechend vorbereiten und bewaffneten. Eric K. informierte auch Leon R., dass er verdächtige Personen vor seiner Wohnung erblickt haben will. Diese haben sich im Nachhinein lediglich als Leon R.s Nachbarn herausgestellt.

Auch als Maximilian A. am 26. Januar 2022 als Zeuge vor dem OLG Dresden erscheinen musste, stand Eric K. durchgehend mit Leon R. in Kontakt. Eric K. chauffierte A. mit seinem Auto nach Dresden und war in großer Aufruhr, da er laut eigener Aussage von drei Autos durch die Dresdner Altstadt verfolgt wurde. So sei er zum Selbstschutz eine halbe Stunde mit Sturmhaube durch die Stadt gefahren und hätte die Verfolger abgehängt. Auf seinem Beifahrersitz lagen ein Zimmermannshammer und ein Messer. Laut ihm hätten auch Polizist:innen diese Waffen wahrgenommen, ihn aber nur angegrinst. Eric K. stand an diesem Tag auch im Austausch mit dem Dresdner Neonazi Georg W. und erhielt Unterstützung von lokalen Burschenschaftlern.

Die Anwälte nahmen dies gerne auf und stilisierten Eric K. als Opfer. So werde ersichtlich, „welches Geistes Kind die Linksradikalen in der Stadt sind“, ließ Hammer verlauten. K.s eigener Anwalt Urbanczyk sprach von einer „Fluchtfahrt“ und einem „Spießrutenlauf“.

Schusswaffenaffinität

Anschließend wurde der Waffenbesitz der Mitglieder thematisiert. Dabei wurde zunächst auf die Durchsuchungsvermerke bei den jeweiligen Festnahmen Bezug genommen. Eine ausführliche Auflistung der Waffenfunde hat bereits beim 20. Verhandlungstag stattgefunden.

Anhand einer Bestellbestätigung ging außerdem hervor, dass Maximilian A. im Dezember 2019 eine Schreckschusspistole mit Platzpatronen bestellt hat. Bastian Ad. hat laut einem Gespräch zudem am 25. April 2021 mit einer Schreckschusswaffe aus seiner Wohnung geschossen, sodass Leon R. meinte, „er knallt herum wie ein Irrer“. Der Vorsitzende Richter kündigte zudem an, für die Waffenthematik und die Herstellung von Waffenteilen mithilfe eines 3D-Druckers noch einen sachverständigen Zeugen laden zu wollen.

Beschlagnahme durch LKA

Nachdem am 30. April 2021 in der Wohnung von Leon R. sowie in der Szenenkneipe Bull’s Eye eine Maßnahme durch das LKA stattgefunden hat, war auch Bastian Ad. in großer Aufruhr. Dabei befürchtete er auch selbst persönliche Konsequenzen, da er Nachrichten „zwecks Töten und Anschläge und auch Bilder von Waffen“ in Chats versendet habe. Zudem würden bei ihm überall Waffen herumliegen. Bastian Ad. kündigte er an, „sich nicht einfach so festnehmen [zu] lassen“, sondern sich aktiv zur Wehr setzen zu wollen. Außerdem hätte er sich direkt für eine Gefangenenbefreiung bereit gehalten.

Sein Gesprächspartner sagte anschließend, dass sie keine Schusswaffen benötigen würden, um „Zecken umzulegen“. Bastian Ad. erzählte dann, dass er gemeinsam mit Marvin W. mithilfe eines Teleskopschlagstocks „einen voll reingezimmert“ hätte. Anschließend kam Ad. nochmals auf die polizeiliche Maßnahme gegen Leon R. zu sprechen. So hätte er bereits mit seinem Leben abgeschlossen, da er davon ausging, dass es durch eine Gefangenbefreiung „[s]ein letzter Tag“ sei. Laut Ad. müsste man auch bereit sein, sein Leben zu opfern, wenn es um einen Kameraden gehe.

Schießtraining in Tschechien

Als Indiz dafür, dass KO51 auch Schusswaffen gegen den politischen Gegner einsetzen wollte, werden auch mehrere Schießtrainings der Gruppe in Tschechien angesehen. Insgesamt sollen Leon R., Bastian A., Maximilian A. und weitere Personen vier Fahrten unternommen haben, wobei ihnen Sturmgewehre und vollautomatisierte Waffen zur Verfügung standen. Dabei ist eine Chat-Gruppe namens „Tschechien-Feldzug“ mit 10 Mitgliedern festgestellt worden. Hierin wurden vor allem Videos und Bilder der Schießübungen und Waffen geteilt.

Als ein solches Video geteilt wurde, sprach Leon R. von „maximale[r] Männlichkeit“. Zudem wurde überlegt, auch andere Möglichkeiten als Schießübung in den Blick zu nehmen. Dabei bestünde aber die Gefahr, „dass es den Staat interessiert“, so Leon R. Bei einem Schießtraining in Tschechien am 4. August 2019 posierten u. a. Leon R. und Maximilian A. in KO51-Pullovern mit einem Sturmgewehr.

Aufregung im Gerichtssaal

Als eine Gruppe von Zuschauer:innen den Gerichtssaal verließ, brach Aufregung aus. Rechtsanwalt Hammer meldete, dass eine der Personen den Mittelfinger in Richtung Anklagebank gezeigt hätte. Anwesende Polizist:innen bestätigten dem Vorsitzenden Richter die „obszöne Geste“ und stellten die Personalien fest. Der anwesende Staatsanwalt sah von einer Stellungnahme bzgl. einer möglichen Sanktionierung ab.

Eine Entscheidung über ein Ordnungsgeld und weitere Informationen zu den Schießtrainings in Tschechien werden am folgenden Verhandlungstag erwartet. Dieser findet am 12.03.2024 statt.