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Knockout 51 - Prozess

30. Verhandlungstag KO51 12.03.2024

Am heutigen Verhandlungstag wurde zunächst noch eine Entscheidung aufgrund eines gestrigen Vorfalls bekannt gegeben. Gegen die im letzten Bericht erwähnte Zuschauerin wurde nun ein Ordnungsgeld in Höhe von 300€ festgesetzt. Das ungebührliche Verhalten führe absehbar zu einer Störung der Hauptverhandlung, begründete der Vorsitzende Richter seine Entscheidung. Ein Vertreter des Generalbundesanwalts (GBA) wies darauf hin, dass die betroffene Person hierzu gar nicht angehört wurde. Der Senat stellte dies zunächst zurück.

Fortsetzung mit Schießtrainings

Die Beweisaufnahme setzte daraufhin mit dem Komplex der Schießtrainings fort. Hierbei wurde auf bereits bekannte Videos einer Schießübung Bezug genommen, bei denen die Zielscheibe durch ein Logo der „Antifa“ ersetzt wurde. Der BGH wertete dies im Beschuss der Haftprüfung von Marvin W. als Beleg für eine Einstellung, die das Leben anderer geringschätzt und deren Tod zumindest hinnimmt.

Anschließend wurden über zwei Stunden aufgenommene Gespräche aus einer Autofahrt nach Tschechien abgespielt. Am 4. Januar 2021 sollen sich erneut Mitglieder zu einer Schießhalle begeben haben, um dort mit Sturmgewehren zu trainieren. Nacheinander holten Leon R. und Ann-Kristin W. andere KO51-Mitglieder ab. Neben Bastian Ad. war auch Benjamin S. mit von der Partie. Während der Fahrt unterhielten sie sich beispielsweise über eines ihrer Graffitis, das nachts übermalt worden sind. Dies sei ihnen bei Kontrollfahrt aufgefallen, woraufhin bald wieder das „Nazikiez“-Graffiti zu sehen war.

Bei der Rückfahrt echauffierte sich Leon R. über die große Thematisierung seiner Person in den Medien. So hätte bereits einst das ZDF bzw. die Tagesschau ihn und seine Mutter laut eigenen Angaben kontaktiert. Das mediale Interesse sei vor allem aufgrund eines Kontaktes mit einer Person der „Deutschen Atomwaffendivision“ zurückzuführen, so Leon R. weiter.

Weitere Pläne

Insgesamt wurde über das Schießtraining im Januar ein positives Fazit gezogen, da sie diesmal in einer „richtigen Schießhalle“ waren. Bei einer vorherigen Fahrt hatten sie dagegen den „eher abgeranzten“ Schießstand von „Jimmy“ besucht. In diesem seien außerdem etliche SS-Uniformen, Hitlerbüsten und Wehrmachtuniformen ausgestellt gewesen. Bei der Rückfahrt erwähnte Leon R. außerdem einen Bekannten, der derzeit in der Ukraine wohnt. Dabei hat er ihn bereits darum gebeten, seine Kontakte zur Armee spielen zu lassen, damit sie dort auch „mal schießen können“.

In der Ukraine sei außerdem die Munition auch deutlich günstiger, erklärte R. in einem danach eingeführten Chat mit Kevin N., der im Anschluss an diese Fahrt nach Tschechien stattfand. Dabei zeigte sich Leon R. begeistert darüber, dass er mit einer Waffe 30 Schüsse in knapp vier Sekunden abfeuern konnte. Kevin N. empfand dies als „typisch deutsch“.

Als Leon R. im Juli 2021 in der Chatgruppe Westthüringen gefragt hat, wer bei einer weiteren Fahrt teilnehmen würde, ging aus der weiteren Kommunikation in der Gruppe hervor, dass auch der gesondert verfolgte Marvin W. bereits bei einer vorherigen Fahrt mitgewirkt und selbst geschossen hat. Schließlich wurden weitere Telefonate und Chatnachrichten eingeführt, die ein weiteres Schießtraining in Tschechien belegten. Demnach haben Leon R. und die gesondert verfolgten Benjamin S. und Maximilian H. mit weiteren Personen am 8. Juli 2021 erneut den Schießstand von „Jimmy“ besucht, wobei Leon R. in vorherigen Telefonaten mit den Betreibern des Schießstands nur drei bis vier Personen angekündigt hat. Ein weiterer Interessent beklagte sich dabei über die kurzfristige Planung, da er sonst auch noch „locker paar Leute rankriegen“ könnte.

Begeisterung für Waffen

Weitere Thesen bezogen sich darauf, dass bei Leon R. schon seit 2013 eine Schusswaffenaffinität und entsprechende Expertise gegeben sei. Da hier allerdings nur auf Internetrecherchen Bezug genommen wurde, soll hierfür noch die zuständige Person des BKA als Zeugin geladen werden. Zumindest wurde aber ein Gespräch mit Bastian Ad. eingeführt, in dem Leon R. bekundete, dass es leicht möglich sei, eine Dekowaffe in eine scharfe Waffe umzubauen.

Bereits im März 2016 soll Leon R. außerdem eine als Salutwaffe umgebaute Flinte erworben haben. Hierfür steht aber eine Auskunft einer Firma nach einer Anfrage durch das Gericht noch aus. Zudem soll er versucht haben, auf der Online-Waffenplattform „eGun“ ein umgebautes Gewehr für 850€ zu verkaufen, was aber misslang. Aus Banktransaktionen aus dem gleichen Jahr ging jedoch bereits hervor, dass Leon R. an die Waffenfabrik Triebel 780€ unter dem Verwendungsweck „GSG“ überwiesen hat. Auch zwei weitere Transaktionen mit Waffenhändlern wurden festgestellt. Zudem nahm er Einzahlungen für ein geplantes rechtsextremes NS-Festival in Kiew vor.

Beziehungsantrag von Urbanczyk

Zum Abschluss beantragte Rechtsanwalt Urbanczyk die Beziehung der Ermittlungsergebnisse aus dem separaten Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Gera gegen zwölf Mitglieder bzw. Unterstützer:innen von KO51. Dabei bezog sich Urbanczyk zunächst aus einen Beschlagnahmebeschluss des Amtsgerichts Gera gegen die gesondert verfolgte Ulrike E. Im Beschluss wird dabei auf Florian O. Bezug genommen, der auch an mehreren Taten beteiligt sein soll, die im aktuellen Verfahren vor dem OLG Jena verhandelt werden.

Im besagten Beschluss wird festgestellt, dass die Jugendgruppe nach Eric K.s Inhaftierung möglicherweise den neuen Kern der Gruppe darstellte. Ab Frühjahr 2023 seien wieder zunehmend rechte Straftaten in Eisenach aufgefallen, die der Gruppe zugeordnet werden, heißt es weiter. Zusammenfassend lägen Anhaltspunkte für einen Fortbestand und ein Wiedererstarken vor, weshalb organisierte Übergriffe in Eisenach zeitnah wieder stattfinden könnten.

Florian O. wird dabei eine Führungsrolle in der neuformierten Jugendgruppe zugeschrieben. Allerdings wurde sein Haftbefehl mittlerweile unter Auflagen außer Vollzug gesetzt. Urbanczyk schlussfolgerte hieraus, dass dies auf Umständen beruhen müsse, die auch für Eric K. mildernd auswirken müssten. Daher würde er nun eine Beziehung der Akten aus diesem Verfahren beantragen, da trotz gleicher Aktenlage und Vorwürfe Eric K. im Vergleich zu Florian O. eine „so unterschiedliche Behandlung“ erleiden würde.

Ein Vertreter des GBA wies dies entschlossen zurück und bezeichnete die Ausführungen des Anwalts als „schleierhaft“. So seien die Vorwürfe bei Eric K. deutlich gravierender, weshalb das Ermittlungsverfahren gegen ihn auch vom GBA fortgeführt worden wäre, während die Staatsanwaltschaft Gera die Ermittlungen gegen Florian O. und weitere übernahm. Zudem behandle das separate Verfahren die Fortführung der Gruppe nach der Festnahme der Angeklagten und habe daher für das hiesige Verfahren keine Relevanz.