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Knockout 51 - Prozess

18. Verhandlungstag KO51 16.01.2024

Der bisherige Prozessverlauf deutete bereits an, dass dem Mitangeklagten Eric K. eine ambivalente Rolle zukommt. Zwar soll er ab November 2021 die „Anwärter“ von „Knockout-51“ geleitet haben, wurde aber zugleich zwischenzeitig von „Knockout-51“ ausgeschlossen. Im heutigen Verhandlungstag stand daher unter anderem die Rolle von Eric K. im Vordergrund.

Abneigung gegenüber Eric K.

Die zunächst eingeführten Inhalte aus den Überwachungsmaßnahmen deuteten dabei Differenzen zwischen Leon R. und Eric K. an. In einem Gespräch mit seiner Lebensgefährtin äußerte R. dabei, dass K. viele motivierte Leute vergrault hätte und somit nur noch eine „Zwei-Mann-Show“ übrigbleibe. Eric K. wäre laut R. dabei gegenüber etlichen Leuten  negativ aufgefallen, die „Bock auf Politik haben“. Zudem würde Eric K. Prügeleien mit ihnen gut gesinnten Leuten anfangen und gegenüber „Knockout-51“-Mitgliedern mit erfundenen Taten prahlen. Daher hasse er ihn mittlerweile, so Leon R. weiter.  Der Anwalt von K. Urbanczyk zieht hieraus die Folge, dass aufgrund der „geballten Abneigung gegen unseren Mandanten“ dieser gar nicht Teil der Vereinigung sein könne, da es bereits an einer Zustimmung der anderen Mitglieder fehle. Rechtsanwalt Hammer folgerte hieraus, dass aufgrund der Audio ausgeschlossen sei, dass R. dem K. „die Jugend überlassen hätte“, da K. vielmehr ein „Selbstläufer“ sei.

Ein aufgezeichnetes Telefonat zwischen R. und Patrick Wieschke über Eric K. vom 27. März 2022 steht auch im Zusammenhang mit einer angeklagten Tat, wo K. einen Gast im Flieder Volkshaus mehrfach mit der Faust gegen ins Gesicht geschlagen haben soll. Dabei echauffierte sich Leon R. mit beleidigen Worten über K. Dieser hätte selbst gegenüber ihn als Respektperson „niemals so ne Fresse“, so R.

Führungsperson der Jugend

Die anschließende These lautete jedoch, dass Eric K. eben doch die Befehlsgewalt über die Anwärter durch Leon R. eingeräumt wurde. Hierfür wurde ein Telefonat eingeführt, wo K. mutmaßlich im Rahmen einer Montagsdemonstration versuchte, einen Rat von R. einzuholen. Bislang sei bereits eine Person festgenommen worden, vorne seien „Wieschke und Kameraden“, schilderte K. das bisherige Geschehen. Aufgrund mutmaßlicher Videoaufnahmen riet R., sich von der Örtlichkeit zu entfernen, wies aber gleichzeitig darauf hin, dass K. die „Führungsperson vor Ort“ sei. 

In einem weiteren Gespräch mit mutmaßlichen Anhängerinnen von „Knockout-51“ betitelte sich Eric K. selbst als deren Führungsperson. K. kündigte zudem an, es nicht mehr akzeptieren zu wollen, wenn von anderen tagtäglich seine Autorität in Frage gestellt wird. Bereits bei einem mutmaßlichen Angriff in einer Garage soll sich Eric K. laut der Zeugenaussage des Geschädigten als Anführer der Jugendgruppe vorgestellt haben. Wie wichtig die „Jugend“ für die rechte Bewegung in Eisenach zu sein scheint, gab Patrick Wieschke in einem Chat mit Leon R. zu erkennen. Alles würde mit der Jugend stehen und fallen, so Wieschke.  Dabei bestünde die Gefahr, dass ein Engagement von Jugendlichen nach Corona wieder erlösche und daher keine „Generation von politischen Soldaten“ heranwachse. Dies wäre laut Wieschke fatal, da sie auch „morgen und übermorgen im Kampf“ stehen würden.

In einem weiteren eingeführten Gespräch berichtete Eric K. dem mutmaßlichen Anführer Leon R. von Diskussionen, die im Zusammenhang mit einem Planungstreffen für eine Querdenker-Demo stattfand. Dabei schilderte K., sich gegenüber gemäßigteren Personen als Nationalsozialist bezeichnet zu haben. Als er betonte, sich nicht für „irgendeine bürgerliche Scheiße“ verraten zu lassen, sei Eric K. von anderen vorgeworfen worden, „die Sache zu missbrauchen“. Daraufhin habe K. klargestellt, dass er die Demos als Plattform für die Weltanschauung von „Knockout-51“ nutzen wolle und das Ziel sei, dadurch neue Anhänger zu gewinnen: „Ich marschiere nicht für Demokratie, sondern für Nationalsozialismus“.  Diese Äußerungen seien bei den anderen sauer aufgestoßen, woraufhin Eric K. das Treffen verlassen habe.

Ideologische Schulung

Ein weiterer Schwerpunkt des Verhandlungstages war schließlich die Propagierung einer rassistischen und völkischen Ideologie im Sinne des historischen Nationalsozialismus. Symptomatisch hierfür ist bereits der erste eingeführte Chat. Dabei kritisierte Patrick Wieschke gegenüber Leon R., dass von der Jugendseite zu wenig „gegen Ausländer“ passiere. Zwar sei laut ihm Sport wichtig, die Gruppe müsste aber auch weltanschaulich geschult werden, um so eine Gegenkultur zu propagieren. Insgesamt betrachtete Patrick Wieschke die politische Bildung von „Knockout-51“ als düster und sah in sich selbst die einzige positive Ausnahme.

In der Folge sollen jeweils sonntags ideologische Schulungen für Anwärter und Mitglieder von „Knockout-51“ stattgefunden haben, wobei auch sonstige rechtsextreme Jugendliche aus Eisenach dort teilgenommen haben sollen. Federführend bei der inhaltlichen Ausarbeitung der dort behandelten Vorträge soll der gesondert verfolgte Kevin N. gewesen sein. Beispielsweise hat er gegenüber Leon R. einen Vortrag über Ausländer in Deutschland mit einem rassistischen Titel angekündigt. Dabei habe er unter dem Stichwort „Weißer Genozid – Faktisch Rechts“ Grafiken erstellt, um anhand aktueller und benötigter Geburtenraten auf den von Nationalisten propagierten Volkstod hinzuweisen. Ergänzt wurde dies durch eine Anführung von Kriminalstatistiken. Weitere Vorträge von N. thematisierten anscheinlich BLM sowie „Liberalismus und Genderwahn“. Laut eigener Aussage soll es Kevin N. dabei darum gegangen sein, „ganz viel Hass“ zu verbreiten.

Erwähnung fand daraufhin auch, dass die Angeklagten mit weiteren Personen auf die Inhaftierung des US-Amerikaners Kyle Rittenhouse mit einer Solidaritätsbotschaft reagiert haben. Auf einem Foto ist zu sehen, wie ein weißes Plakat mit der Aufschrift Free Kyle hochgehalten wird. Dabei zeigte Maximilian  A. einen Hitlergruß, während Leon R. ein tätowiertes Hakenkreuz am Oberschenkel präsentierte.

Als sinnbildlich für die Ideologie der Gruppe kann abschließend für heute folgendes Zitat angesehen werden, was Leon R. zugeschrieben wird: „Unsere Weiber zitieren mein Kampf, 18-jährige Atzen posten sowas. Was habe ich nur wieder angestellt? Eisenach, wo du einfach stabil bist und Hitler-Zitate äußerst“.

Im Dienste Patrick Wieschkes (NPD/ Die Heimat)

Abschließend wurde erneut eine Zusammenarbeit zwischen Leon R. und Wieschke thematisiert, diesmal im Kontext von Veranstaltungsorganisationen. Dabei lautet eine These, dass Wieschke monatlich zwei Musikveranstaltungen im Flieder Volkshaus organisiert hat, wobei auch Liederabende mit Leuten aus der rechtsextremen Szene stattfanden. Für diese Veranstaltungen soll  R. regelmäßig entsprechende Werbeplakate erstellt haben. In einem Chat forderte Wieschke dabei eindringlich Leon R. auf, dass er sofort ein Werbedesign für eine Musikparty erstellen müsse, da sie das Haus nicht gegen die Wand fahren dürften. Sechs Tage später forderte Wieschke wiederum eine Grafik von R. ein. Diesmal für eine NPD-nahe Kundgebung, die unter dem Titel „Stoppt die Gewalt, Übel an der Wurzel packen“ am 19. Dezember 2019 in Eisenach stattfand. Neben Wieschke trat damals auch Thorsten Heise auf.

Bei dem zuletzt abgespielten Gespräch erfreuten sich Bastian A. und Leon R. über das bei einem Liederabend gespielte Repertoire. Darunter seien das „Hakenkreuzlied“ und Material von „Weißer Arischer Widerstand“ (WAW) gewesen. Unklar blieb dabei, um welche Veranstaltung es sich dabei genau gehandelt hat.

Die Verhandlung wird mit einer inhaltlichen Zäsur am 22.01 fortgesetzt.