Am 11. Prozesstag nehmen wieder drei Unterstützer*innen der Angeklagten am Prozess teil. Darunter auch die Schwester des Angeklagten Leon R. Ihnen steht eine größere Zahl kritischer Prozessbeobachter*innen gegenüber.
Zu Beginn des Prozesstags verliest der vorsitzende Richter einen Senatsbeschluss in dem die vollständige Protokollierung der Vernehmung eines Zeugens, dessen Vernehmung am 10. Prozesstag begonnen hatte und am heutigen Tag fortgesetzt werden sollte, abgelehnt. Die GBA hatte diese beantragt, da sie von einer Falschaussage des Zeugens ausging.
Erster Zeuge: Abbruch der Vernehmung, da TKÜ-Aufnahmen noch nicht eingeführt wurden
Nach der Verlesung des Beschlusses wird der Zeuge erneut in den Saal gerufen und durch die Vertreter der Generalbundesanwaltschaft (GBA) befragt. Er antwortet insgesamt sehr knapp auf die Fragen. So stellt er als Gegenfragen darauf, ob er während der Körperverletzung an der Werner-Aßmann-Halle im Februar 2021 die ganze Zeit anwesend gewesen sei: „Wie meinen Sie? Körperlich oder geistig?“ und gibt dann an, dass er körperlich die ganze Zeit anwesend gewesen sei. Dies steht im Widerspruch zu einer früheren Aussage, bei der er angegeben haben soll, dass er zwischenzeitlich nicht da gewesen sei, weil er einen Hund gestreichelt hätte. Dazu sagt er auf Nachfrage, dass es sich um eine Lüge gehandelt habe, mit der er sich vor dem Angeklagten Leon R. aus der Situation habe ziehen wollen.
Anschließend geht es darum, ob die verbale Auseinandersetzung, die dem körperlichen Übergriff vorausgegangen sein soll durch die Geschädigten oder die Mutter des Angeklagten Leon R. begonnen worden sei. Der Zeuge bleibt dabei, dass sie durch die Gruppe der Geschädigten begonnen worden sei, gibt aber zu, dass es sich bei seiner vorherigen Aussage, dass er die Mutter Leon R.s noch nie gesehen habe, ebenfalls um eine Lüge gehandelt habe. Daraufhin beginnt die GBA eine Aufnahme aus einer Telekommunikationsüberwachungsmaßnahme (TKÜ) abzuspielen. Bei dem abgehörten Telefonat handelt es sich um einen Anruf an den Angeklagten Leon R. durch seine Schwester und Mutter am Tatabend.
Das Abspielen wird nach kurzer Zeit durch den Verteidiger Henze unterbrochen. Dieser gibt an, dass es noch einen Widerspruch zur Verwertung der TKÜ-Aufnahmen durch die Verteidigung Leon R. gäbe und die Gespräche außerdem der Verteidigung noch nicht als Audioaufnahmen vorlägen. Weiterhin sei es seiner Ansicht nach nicht zulässig Zeug*innen Aufnahmen von Gesprächen Dritter vorzuhalten. Daraufhin entgegnet der Vorsitzende, dass dies zulässig sei, da prinzipiell alles Zeug*innen vorgehalten werden könne. Allerdings räumt auch er ein, dass das Vorhalten der Audioaufnahmen zum aktuellen Prozesszeitpunkt den Prinzipien der Transparenz und Fairness widersprechen würden, da die Verteidigung tatsächlich noch keine Möglichkeit gehabt hätte sich auf diese vorzubereiten.
Daher solle die GBA dem Zeugen die Verschriftlichung des Gesprächs vorhalten. Die GBA widerspricht dem zunächst, da ihrer Ansicht nach die Verteidigung seit Verfahrensbeginn die Möglichkeit gehabt hätte die Einführung der Aufnahmen ins Verfahren zu beantragen und diese Möglichkeit nicht genutzt habe. Sie stimmt dann aber doch der Verlesung zu.
In dem abgehörten Gespräch gibt Leon R.s Schwester an, dass dessen Mutter Streit mit einer Gruppe Jugendlicher, von ihr als „Druffis“ bezeichneter, an der Werner-Aßmann-Halle angefangen habe. R. habe dann gefragt, ob er vorbeikommen solle und ob es sich bei den Jugendlichen um Deutsche gehandelt habe. Weiter berichtet seine Schwester, dass an der Aßmann-Halle randaliert worden sei und die Mutter daraufhin stehengeblieben sei. R. sagt abschließend, dass er Maximilian A. fragen werde, ob er Zeit habe und dann vorbeischauen wolle.
Verteidiger Dann beanstandet den Vorhalt, da die Verschriftlichung redaktionell bearbeitet worden sei und ohne die Audioaufnahme nicht überprüft werden könne, ob im Gespräch tatsächlich gesagt wurde, dass die Mutter den Streit angefangen habe. Die GBA sagt daraufhin erneut, dass sie die Aufnahmen gerne jetzt vorspielen würde, was durch den Vorsitzenden jedoch untersagt wird. Daraufhin wird die Vernehmung des Zeugens abgebrochen und dieser soll erneut geladen werden, wenn die Aufnahmen in das Verfahren eingeführt worden sind.
Zweiter Zeuge (Polizeibeamter) zu Silvesterübergriff 2021/2022
Anschließend wird ein Polizeibeamter des BKA zu zwei Zeug:innenvernehmungen zum Überfall auf die Silvesterfeier 2021/22 befragt. Der Polizist wurde bereits am 7. Verhandlungstag zu anderen Vernehmungen gehört.
Der erste Zeuge sei ein Gast der Silvesterfeier gewesen. Er habe in der Vernehmung einen eher gelangweilten und unmotivierten Eindruck auf den Beamten gemacht. In der Silvesternacht habe er mit zehn weiteren Personen in einem Garten gefeiert. Nach einiger Zeit seien vier bis fünf maskierte Personen in den Garten gekommen. Eine Person habe keine Maske getragen und der Zeuge habe ihn als den gesondert Verfolgten K. identifiziert.
Die Angreifer hätten mit ihm und zwei weiteren Partygästen eine körperliche Auseinandersetzung gesucht. Der Zeuge habe sich während des Angriffs gewundert, dass die anderen Partygäste nicht dazwischen gegangen sind, weil sie eigentlich in der Überzahl gewesen seien, habe dann aber gedacht, dass sie wahrscheinlich Angst gehabt hätten. Die Angreifer hätten anschließend den Garten recht schnell verlassen und dieser habe danach zerstört ausgesehen. In der Vernehmung habe der Zeuge seine eigenen Verletzungen runtergespielt aber gesagt, dass ein anderer Betroffener im Gesicht rot und blau gewesen sei. Von anderen Personen habe er gehört, dass die Angreifer in der gleichen Nacht erneut in den Garten gekommen seien und einen Tisch zerstört hätten. Neben dem unvermummeten Angreifer K. habe er später bei einer weiteren Person vermutet, am Angriff beteiligt gewesen zu sein.
Die GBA befragte den Beamten zu den Aussagen zum zweiten Mieter des Gartens. Dieser sei laut des Zeugens mittlerweile nicht mehr Teil des Mietverhältnisses. Während des Angriffs habe er vor der Hütte gestanden. Früher sei er Teil des Freundeskreises des Zeugens gewesen, habe sich mittlerweile aber der rechten Szene angeschlossen und von seinem früheren Freundeskreis abgewendet. Über eine weibliche Person, bei der eine Mitgliedschaft bei „Knockout-51“ vermutet wird, habe der Zeuge ausgesagt, dass diese zuvor an der Party teilgenommen habe, aber während des Angriffs nicht in der Hütte gewesen sei.
Verteidiger Henze fragte den Beamten abschließend, was der Zeuge zu „Knockout-51“ gesagt habe. Nachdem dieser sich nicht erinnern konnte, hält er dem Polizeibeamten vor, dass dieser angegeben habe, dass der Zeuge die Gruppe in der Befragung als rechtsradikal eingeordnet habe. Weiterhin habe dieser angegeben, den Begriff „Knockout-51“ zu kennen, weil man in jeder Zeitung davon gelesen habe.
Anschließend ging es um die Vernehmung eines weiteren Zeugens des Silvesterübergriffs. Dieser sei zunächst nicht zur Vernehmung erschienen und musste durch die Polizei von zu Hause abgeholt werden. Er sei laut dem Beamten unruhig und launisch gewesen, zudem habe er sich mehrfach darüber beschwert, da sein zu müssen. Er sei gemeinsam mit seiner besten Freundin zur Gartenparty an Silvester gegangen und habe nicht gewusst, wer der Veranstalter der Party gewesen sei. Den Großteil des Abends habe er dort verbracht. Irgendwann seien dann Leute von „Knockout-51“ gekommen unter denen er Eric K. und den gesondert Verfolgten K. identifiziert habe. Der Zeuge habe zunächst gesagt, dass es zu keiner Rangelei oder körperlichen Auseinandersetzung gekommen sei. Daraufhin sei er durch die Beamten mit den Ermittlungsergebnissen konfrontiert worden und habe anschließend zugegeben, dass es eine „Schubserei“ gegeben habe. Viel mehr als „schubsen“ sei aber nicht passiert.
Auf Nachfrage des Richters gab der Vernehmungsbeamte an, dass ihm diese Aussagen nicht authentisch vorgekommen seien und der Zeuge auch mehrfach in der Vernehmung geäußert habe, dass er keine Petze sein wolle und von den Vernehmungsbeamten Beweise für deren Ermittlungsergebnisse gefordert habe. Der Angriff sei durch ein Kommando des unvermummten, gesondert Verfolgten K. beendet worden.
Zu „Knockout“ habe er gesagt, dass ihm die Gruppe bekannt sei und dass er auch Angst und Respekt vor dieser habe. Aus seiner Sicht sei es ihm auf der Gartenparty so vorgekommen, dass der gesondert Verfolgte K. das Sagen habe. Dieser sei ihm während des Angriffs ins Auge gestochen, da er der „breiteste und böseste“ gewesen sei und als erster angegriffen habe. Aber auch der Angeklagte Bastian Ad. sei laut seiner Aussage dabei gewesen und ihm wie der „Big Boss“ vorgekommen. Weiterhin habe er angegeben, dass auch die bereits vorher benannte weibliche Person an dem Abend bei der Gartenparty dabei gewesen sei. Zudem erachte er die Frau als Teil von „Knockout“, welche weiterhin [Anm. zum Zeitpunkt der Befragung] eine Beziehung mit einem anderen Mitglied der Gruppe geführt habe .
Nach der Vernehmung des BKA-Beamten wiederholt die Verteidigung Eric K.s ihren Verwertungswiderspruch zu den Zeug:innenvernehmungen aufgrund möglicher Verstöße gegen die Coronamaßnahmen.
Dritter Zeuge (BKA-Beamter) wird zu TKÜ-Maßnahmen befragt
Als dritter Zeuge wird ein BKA-Beamter zur Auswertung der Telekommunikationsüberwachung befragt. Bevor der Zeuge befragt wird, widerspricht die Verteidigung Maximilian A.s dessen Vernehmung, da sie der Verwertung der TKÜ-Maßnahmen insgesamt widerspreche. Die Maßnahmen seien ursprünglich mit dem Verdacht der Mitgliedschaft Leon R.s bei der „Atomwaffen Division“ begründet worden. Dieser Verdacht habe sich nicht erhärtet, jedoch hätte sich der „vermeintliche“ Tatverdacht gegen ihren Mandanten aus diesen Überwachungsmaßnahmen ergeben. Der Richter entgegnet dem, dass es in der heutigen Vernehmung noch nicht um die Inhalte der TKÜ-Maßnahmen gehen solle, sondern zunächst nur um die Abläufe der Auswertung. Die Inhalte sollen erst ab dem 19. Dezember ins Verfahren eingeführt werden.
Der Vorsitzende leitet die Befragung damit ein, dass der Zeuge „zum gesamten Abschnitt TKÜ“ gehört werden solle. Es solle darum gehen, welche Überwachungsmaßnahmen veranlasst worden seien, wie Daten von Mobiltelefonen gesichert wurden und wie mit den Datenmengen von einem halben Terabyte umgegangen wurde. Weiterhin soll Auskunft darüber gegeben werden, ob alle Audiodateien von Menschen gehört wurden oder ob dafür auch KI eingesetzt wurde, um die Arbeit zu erleichtern.
Der Zeuge beginnt seine Schilderung mit der Auswertung von Handydaten. Wenn Handys beschlagnahmt werden, würden diese zunächst an eine Fachdienststelle übergeben, die diese technisch aufbereite und die sichergestellten Daten dann den Ermittlern in einer Auswertungsumgebung zur Verfügung stelle. Am Originalgerät würden die Ermittler dabei nicht arbeiten. In der Auswertungsumgebung würden einzeln Sprachnachrichten, Chats, Bilder und Videos vom Gerät dargestellt. Mehrere Sachbearbeiter*innen würden anschließend die Auswertung vornehmen und Dinge eins zu eins lesen, dabei aber teilweise auch nach bestimmten Kriterien suchen, wie z. B. nach bestimmten Bildern, oder ob bestimmte Personen miteinander kommuniziert haben. Die Datenmenge sei eine große Herausforderung. Es werde aber versucht alles händisch anzusehen. Wenn etwas nur im „Schnelldurchlauf“ betrachtet werde, würde dies im Auswertungsbericht kenntlich gemacht.
Danach spricht der Vorsitzende die Auswertung von Fahrzeuginnenraumüberwachungsaufnahmen an. Dabei hätten die Sensoren bereits bei Regengeräuschen ausgelöst, er fragt den Zeugen, ob die Ermittler*innen dann stundenlang Regengeräusche angehört hätten. Der BKA-Beamte gibt an, dass auch diese angehört würden. Die Aufnahmen würden in 5 Minutenabschnitte unterteilt, dann würde am Anfang reingehört. Wenn dann nur Regengeräusche hörbar seien, würde der restliche Abschnitt schneller abgespielt, um zu überprüfen, ob darin noch Gespräche vorkämen. Gespräche würden zunächst nur im Sinngehalt verschriftlicht. Wenn sich später ergeben hat, dass ein bestimmter Abschnitt besonders wichtig sein könnte, wurde dieser überarbeitet und wörtlich verschriftlicht. Außerdem seien Personen erst mit der Zeit z. B. durch Gesprächsinhalte identifiziert und diese Informationen in der Auswertung ergänzt worden.
Zur Auswertung von beschlagnahmten Smartphones werde Software des Herstellers Celebrite verwendet. Nachdem die Daten gesichert wurden, wird in der Auswertungsoberfläche angezeigt wie viele Chats, Sprachnachrichten, Bilder, usw. vorhanden sind, die dann gezielt ausgewertet werden können. Clouddaten werden dabei nicht direkt mit angezeigt, da diese gesondert gesichert werden. Bei Bedarf können diese jedoch in die Oberfläche mit eingespielt werden.
Von der Verteidigung Leon R.s wird der Zeuge anschließend zum Beginn der TKÜ-Maßnahmen befragt. Dazu äußert er, dass die Maßnahmen in diesem Verfahren, das im Januar 2021 gestartet worden sei, wohl im Februar oder März 2021 begonnen hätten. RA Hentze fragt ihn danach noch zu den TKÜ-Maßnahmen im „Atomwaffendivision“-Verfahren. Diese habe auch er durchgeführt.
Erneut zweiter Zeuge (BKA-Beamter) zunächst zu Befragung einer Zeugin aus dem „Knockout-51“-Umfeld
Nach einer kurzen Pause wird erneut der zweite Zeuge zu zwei polizeilichen Vernehmungen gehört. Zuerst geht es dabei um die Vernehmung einer Zeugin im September 2022, die sich im Umfeld von „Knockout-51“ bewegte.
Nach Angaben des BKA-Beamten war die Zeugin zur Vernehmung in Begleitung ihres Vaters erschienen und habe sehr interessiert am Verfahren gewirkt. Sie habe über eine gemeinsame Freundin Kontakt zu Eric K. und dem gesondert Verfolgten K. zu „Knockout-51“ gefunden und sei zeitweise die Lebensgefährtin von Eric K. gewesen. Bastian Ad. und Maximilian A. habe sie vom Sehen gekannt, Leon R. sei ihr als Betreiber der Szenekneipe „Bulls Eye“ bekannt gewesen. Sie habe mit dem Begriff „Knockout-51“ nicht viel anfangen können, sei durch Eric K. aber mehrfach darauf hingewiesen worden, dass es „Knockout-51“ nicht mehr geben würde.
Zu Kampfsporttrainings habe sie jedoch viel aussagen können. Sie sei dabei selbst mehrfach anwesend gewesen. Die Trainings hätten wöchentlich stattgefunden, die Termine seien aber meist spontan gemacht worden. Meistens seien Eric K., Leon R. und der gesondert Verfolgte K. anwesend gewesen. Es sei dabei sowohl Boxen, Kickboxen als auch Bodenkampf trainiert worden. Auf die Frage, warum Kampfsport trainiert worden sei, habe sie geantwortet, dass sie annehme, dass die Teilnehmer stärker und besser werden wollten, sich aber auch wehren können wollten. Auf die Frage gegen wen sie sich haben wehren wollen, habe sie geantwortet, dass sie sich allgemein hätten wehren wollen. Die Trainings hätten im „Flieder Volkshaus“ stattgefunden, dass der Gruppe von Patrick Wieschke (Die Heimat) zur Verfügung gestellt worden sei. (Hinweis: Am 14.12. wurde Patrick Wieschke als Unterstützer von „Knockout-51“ festgenommen. Weiterhin wurden Marwin W. als Mitglied und Kevin N., als Mitglied, Gründer und Rädelsführer, verhaftet).
Die Zeugin sei von November 2021 bis März 2022 mit Eric K. zusammen gewesen und habe dann den Kontakt wegen eines Streits abgebrochen. In dieser Zeit sei sie mehrfach mit K. auf Montagsaufmärschen gewesen und habe auch gemeinsam Plakate für die Demos angefertigt. Auf den Demos sei K. vorne gelaufen und habe mit einem Megafon Parolen gerufen.
Weiterhin habe die Zeugin zum Überfall auf die Silvesterparty 2021/22 ausgesagt. Sie habe gemeinsam mit Eric K., dem gesondert Verfolgten K., einer weiteren Person (die dem „Knockout-51“-Umfeld zugerechnet wird) und mehreren Freundinnen den Abend in einem Gemeinschaftsgarten verbracht. Gegen Mitternacht habe Eric K. per Telefon Bescheid bekommen, dass sich in einem anderen Garten Leute aufhalten würden, die er nicht leiden könne, weil es sich bei diesen um „Kiffer“ handle. Er habe den Garten für sich beanspruchen wollen und sei mit dem gesondert Verfolgten K. und zwei weiteren Person mit dem Auto zu dem Garten gefahren. Sie selbst sei in dem anderen Garten geblieben. Nach einiger Zeit seien sie zurückgekommen und hätten erzählt, dass sie dort „alles kaputt geschlagen“ hätten und sich dafür gefeiert. Eric K. hätte außerdem Kopfhörer dabeigehabt, die er „gefunden“ hätte. Später habe die Zeugin erfahren, wem die Kopfhörer gehörten.
Der Vorsitzende machte dem Beamten den Vorhalt aus der Vernehmung: „Ich war genervt, dass sie weggefahren sind. Wollte nur feiern. Für den Eric ist es normal, dass er sich schlägt.“ Darauf führte der Beamte aus, dass die Zeugin auf die Frage wie sie K. einschätze geantwortet habe, dass er grundsätzlich nett, aber sehr dominant gewesen sei. Die Dominanz habe manchmal überhandgenommen. Es sei auch mal zu einem Streit mit ihr gekommen, bei dem er sie einfach auf der Straße habe stehenlassen.
Weiterhin fragte der Vorsitzende zu Erkenntnissen über die Ausrüstung der Angreifer, als diese zum Garten gefahren sind. Dabei sei der Zeugin nichts aufgefallen. Auf die Frage nach einer Schusswaffe, habe sie gesagt, dass einer der mutmaßlichen Angreifer eine Waffe mit kleinen Kugeln gehabt habe, mit der zuvor rumgeschossen worden sei. Sie habe aber nicht gewusst, ob diese mitgenommen wurde. Weiterhin habe sie gesagt, dass auf der Silvesterfeier, auf der sie war, rechtsradikale Musik über Telegram abgespielt worden sei.
Die Zeugin hat weiterhin zu einem Angriff auf einen jungen Polizisten auf einer Garagenparty in Eisenach ausgesagt. Die Angreifer*innen seien mit mehreren Autos zu dem Garagenkomplex gefahren, in dem die Party stattfand. Ein Auto sei von Eric K. gewesen und der gesondert Verfolgte K. sei wahrscheinlich auch dabei gewesen. An die anderen Personen habe sie sich nicht erinnern können. Sie selbst sei mit Freundinnen zur Party gegangen und habe erst später gehört, dass der Polizist geschlagen worden sei und was mit dem Kiefer gehabt habe. Sie selbst habe es aber nicht gesehen. Zum Anlass habe sie gesagt, dass der Geschädigte früher mit einer Person aus dem Umfeld von „Knockout“ befreundet gewesen sei und diese beleidigt habe.
Die GBA machte anschließend noch Vorhalte zu Personen, bei denen sich die Zeugin gewundert habe, dass sie nicht beschuldigt worden seien. Dabei habe sie u.a. von der bereits an diesem Tag durch den Zeugen des Silvesterüberfalls benannten Frau gesprochen, die „tief drin“ gewesen, aber mittlerweile nach Kassel gezogen sei. Diese Frau habe die Zeugin auch einmal mit einem Messer bedroht und dabei gesagt: „Wer hier lebt, entscheide ich.“
Der Vorsitzende befragte weiter zu Sachbeschädigungen, die von Eric K. verübt worden seien. Dazu habe die Zeugin gesagt, dass K. regelmäßig Graffiti gegen Antifa und Menschen mit Behinderung gesprüht habe. Außerdem habe es bei einem „Montagsspaziergang“ eine Situation gegeben, bei der ein Auto auf die Straße gefahren sei, auf der die Demo lief und anschließend durch Eric K. und Dennis K. die Spiegel abgetreten worden seien. Sie habe weiterhin gehört, dass Eric K. die Fensterscheibe des Parteibüros der Partei Die LINKE in Eisenach eingeschlagen habe.
Weiter BKA-Beamter (zweiter Zeuge) zu Vernehmung des angegriffenen Gasts auf „Flieder Volkshaus“-Veranstaltung 2022
Zuletzt wurde der BKA-Beamte zur Vernehmung eines Eisenachers befragt, der im März 2022 an einer Veranstaltung im „Flieder Volkshaus“ teilnahm und dort durch Eric K. angegriffen worden sei. Er habe in der Vernehmung wenig Interesse an dem Verfahren gezeigt und immer wieder darauf verwiesen, dass er sehr betrunken gewesen sei und sich deshalb an nichts erinnern könne. Er sei vernommen worden, da durch TKÜ-Maßnahmen und die Auswertung von Asservaten bekannt geworden sei, dass er Geschädigter einer Körperverletzung sei.
Der Zeuge habe ausgesagt, dass er vor der Veranstaltung mit Freunden viel getrunken habe und dann ins „Flieder Volkshaus“ gegangen sei, bei dem er schräg gegenüber wohne. Dort habe er eine Person angeschaut, die sich davon provoziert gefühlt habe. Er sei dann mit der Person nach draußen in den Hinterhof gegangen und könne sich ab da an nichts erinnern. Er wisse, dass er geschlagen worden sei und Verletzungen hatte. Davon habe er den Vernehmungsbeamten Fotos während der Vernehmung gezeigt. Er hätte darauf blaue Augen und einen blauen Fuß gehabt. Auf einer Wahllichtbildvorlage habe er Eric K. erkannt und gesagt, dass er ihn auf der Veranstaltung gesehen habe und aus den Medien kenne. Er habe ihn aber nicht namentlich benennen können. Patrick Wieschke habe ihm später gesagt, dass K. ihn geschlagen habe.
Die Beamten hätten ihm außerdem Videoaufnahmen des Vorfalls gezeigt. Er habe darauf sich und die Situation erkannt, aber sich weiterhin nicht daran erinnern können. Dass der Zeuge betrunken war, sei für den Beamten glaubhaft gewesen, zugleich habe dieser mehrfach gesagt, dass er kein Interesse an einer Strafverfolgung habe, nur der Nachbar des „Flieder Volkshaus“ sei und keine Angst vor den Angeklagten habe. „Knockout-51“ sei ihm nur aus den Medien bekannt gewesen, weiterhin habe er jedoch gewusst, dass regelmäßig mittwochs im „Flieder Volkshaus“ Kampfsporttrainings stattgefunden hätten. Daran hätten junge Männer teilgenommen, er selbst habe auch mal überlegt sich zu beteiligen, es sei aber bei den Überlegungen geblieben.
Nach der Vernehmung widerspricht RA Urbanzyk erneut der Verwertung dieser.
Zum Ende des Verhandlungstags werden durch den Vorsitzenden zwei Urkunden verlesen. Bei der ersten handelt es sich um einen Arztbrief, in dem die Verletzungen eines Betroffenen geschildert werden. Dieser habe eine Nasenatmungsbehinderung bei Nasenbeinfraktur und ein Septumhämatom erlitten.
Bei der zweiten Urkunde handelt es sich um einen polizeilichen Vermerk des Polizeipräsidiums Nordhessen zu einer Maßnahme am 20. März 2021 in Kassel. Dabei seien während einer Pandemieleugner*innendemonstration in Kassel (der mittlerweile als Mitglied verhaftete) Marvin W., Bastian Ad., Kevin N. und dem gesondert Verfolgten B. kontrolliert worden, weil sie ein Banner mit der Aufschrift „Heimatschutz statt Maskenschutz“ entrollt hatten. Kevin N. und Bastian Ad. seien damals zur polizeilichen Beobachtung ausgeschrieben gewesen. Alle Kontrollierten wurden dem rechten Spektrum zugeordnet. Bei Bastian Ad. seien Tätowierungen mit Runen und der Zahl 51 auf der Hand festgestellt worden. Es seien Lichtbilder von dem Banner angefertigt worden und die Personen hätten einen Platzverweis für das gesamte Kasseler Stadtgebiet für zwei Tage erhalten. Sie wurden anschließend zu ihren Autos gebracht, wobei es sich um eines mit einem Eisenacher und eines mit einem Leipziger Kennzeichen gehandelt hätte. In den Autos hätten sich weitere Personen befunden, u.a. der Angeklagte Leon R. Die Autos seien dann noch bis zur Stadtgrenze begleitet worden. RA Heiermann legte einen Verwertungswiderspruch gegen diesen Vermerk ein, da damals kein Straftatverdacht bestanden hätte und die Daten deshalb direkt gelöscht hätten werden müssen.
Zum Schluss sprach RA Urbanzyk noch eine Durchsuchungsmaßnahme und Festnahme in der vorherigen Woche in Eisenach an, die in Zusammenhang mit „Knockout-51“ gestanden haben soll. Die GBA äußerte dazu, dass sie dazu nur Stellung beziehen könne, wenn es einen konkreten Antrag gebe, aber so viel sagen könne, dass es sich um „keine Maßnahmen aus unserem Haus“ handle.
Um 12:06 Uhr wird die Verhandlung geschlossen.