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Knockout 51 - Prozess Uncategorized

7. Verhandlungstag KO51 24.10.23

Am 7. Verhandlungstag wurden insgesamt sieben Zeug:innen vernommen. Vier von ihnen sollten als Betroffene und Zeugen zu den beiden Tatkomplexen Silvesterfeier und Aßmannhalle aussagen. Diese machten alle von ihrem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch. Bei den drei weiteren Zeug:innen handelte es sich um BKA-Beamte, die die anderen Zeug:innen zuvor polizeilich vernommen hatten und zu diesen Vernehmungen befragt wurden. Es waren sieben Unterstützer:innen der Angeklagten angereist, darunter wieder Angehörige von Leon R. und der bereits mehrfach angereiste Eisenacher Neonazi Eric R. Den Unterstützer:innen stand eine Mehrheit von kritischen Prozessbeobachter:innen gegenüber.

Zeugnisverweigerungsrecht auf Grund von Verstößen gegen Coronaschutzverordnung

Zu Beginn des Verhandlungstags wies der Vorsitzende darauf hin, dass beim vorherigen Verhandlungstag festgestellt wurde, dass den Zeug:innen, die zu der Silvesterfeier 2021/22 und dem Übergriff an der Aßmannhalle im Februar 2021 befragt werden sollen, ein Auskunftsverweigerungsrecht zusteht. Da zu den Tatzeitpunkten in Thüringen Coronaschutzverordnungen galten, nach denen größere Veranstaltungen oder Zusammenkünfte untersagt waren, könnten sich die Zeug:innen bei wahrheitsgemäßer Beantwortung der Fragen selbst eines Verstoßes gegen diese Verordnung bezichtigen.

Da davon ausgegangen wurde, dass mehrere Zeugen dieses Recht in Anspruch nehmen würden und die Vernehmungen entsprechend kurz ausfallen könnten, wurden zusätzlich noch drei Vernehmungsbeamte als weitere Zeug:innen für den Prozesstag geladen. Diese wurden jeweils zu mehreren Vernehmungen verschiedener Zeug:innen befragt. Dabei springt die Vernehmung immer wieder zwischen verschiedenen Angriffen von „Knockout-51“. Gesprochen wird 1) über den Angriff auf die Garten-Silvesterparty 2021/2022, bei welcher vermeintliche Drogenkonsument:innen angegriffen wurden; 2) den Angriff auf eine Gruppe vor der Aßmannhalle 2021 in Eisenach; 3) Angriff im Rahmen einer Kirmesfeier in Schönau auf eine Person, die als politischer Feind markiert wurde, 4) Angriff im Rahmen einer Halloweenparty 2021 im Amare Eisenach.

Tatsächlich verweigerten alle vier Zeug:innen die Aussage. Im weiteren Prozesstagsverlauf wurden ihre polizeilichen Aussagen beim BKA durch die Befragung der Vernehmungsbeamt:innen in das Verfahren eingeführt.

Zur besseren Lesbarkeit werden die Zeugen im folgenden als Zeuge 1, 2, 3, usw. benannt und die BKA-Beamten als Beamter A, B, C.

Befragung von BKA-Vernehmungsbeamt:innen zu Angriffen auf Garten-Silvesterparty 2021/2022 sowie an der Aßmannhalle 2021 in Eisenach

Nachdem Zeuge 1, der zu dem Angriff an der Aßmannhalle 2021 und dem Überfall auf eine Silvesterfeier 2021/22 befragt werden sollte, die Aussage verweigert hatte und Zeuge 2 noch nicht vor Ort im OLG Jena war, wurde der Vernehmung des BKA-Beamten A begonnen. Vor der Vernehmung forderte RA Wölfel (Verteidigung Leon R.), auch für diesen Zeugen ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht ein, da angeblich eine Nötigung gegen Zeuge 1 im Raum stehe, den er vernommen hatte. Diesen habe er mehrfach dazu aufgefordert auszusagen, da sonst strafrechtliche Konsequenzen drohen würden. Tatsächlich hätte der Zeuge aber ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht gehabt, da ein Verstoß gegen die Coronaschutzmaßnahmen im Raum stand.

Der Vorsitzende sah darin keine Nötigung. Auch der Vertreter der Generalbundesanwaltschaft widersprach dieser Auslegung und stellte fest, dass der Zeuge durch den Beamten allgemein auf sein Auskunftsverweigerungsrecht hingewiesen wurde. Ein gesonderter Verweis auf Verstöße gegen die Corona-Verordnung sei dabei nicht erfolgt, was darauf zurückzuführen sei, dass der Vernehmungsbeamte daran nicht gedacht habe. Es wurde sich dann zwischen den Verfahrensbeteiligten darauf geeinigt, dass die Vernehmung der Polizeibeamten damit begonnen werde, dass diese gefragt werden, ob ihnen bei der Vernehmung bewusst gewesen sei, dass die Zeug:innen ein Auskunftsverweigerungsrecht gehabt hätten. Alle gehörten Vernehmungsbeamten verneinten, dass ihnen zum Zeitpunkt der Vernehmung präsent gewesen sei, dass die Zeug:innen zu den Tatzeitpunkten gegen Coronaschutzverordnungen verstoßen haben könnten. Sie führten dies zum einen darauf zurück, dass die Taten zum Vernehmungszeitpunkt schon länger zurücklagen und dass sie als BKA-Beamte nicht alle unterschiedlichen Verordnungen der sechzehn Bundesländer präsent gehabt hätten. Die Verteidigung legte gegen die polizeilichen Vernehmungen einen Beweisverwertungswiderspruch ein. Diesen begründet RA Urbanzyk damit, dass alle Zeug:innen nicht richtig belehrt worden seien. Den Vernehmungsbeamten sei bewusst gewesen, dass es um eine Party während der Coronapandemie gegangen sei.

Da die Zeug:innen, nachdem sie richtig belehrt worden seien, vor Gericht alle die Aussage verweigert hätten, sei auch hypothetisch eine rechtmäßige Erlangung der Angaben aus den Vernehmungen nicht begründbar. Weiterhin habe es sich faktisch um Beschuldigtenvernehmungen zu Verstößen gegen Coronaschutzmaßnahmen gehandelt und bei diesen seien verbotene Vernehmungsmethoden angewendet worden. So sei damit gedroht worden, dass die Generalbundesanwaltschaft (GBA) bei Falschaussage ermitteln würde sowie Zeug:innenschutz durch das BKA in Aussicht gestellt worden, obwohl dieses durch das BKA nicht zu leisten sei.

Die Polizeibeamten wurden jeweils zu einer polizeilichen Vernehmung befragt. Zu diesen möchte der Richter zunächst die allgemeine Vernehmungsatmosphäre und dann die wesentlichen Inhalte geschildert haben.

Befragung des ersten BKA- Beamten zu brutalem Angriff an der Aßmannhalle 2021 in Eisenach

Der erste geladene Vernehmungsbeamte (Beamter A) hatte einen Betroffenen des Übergriffs an der Aßmannhalle in Eisenach im Februar 2021 (Zeuge 1) vernommen. Dabei sollen Leon R. und Maximilian A. drei Personen körperlich angegriffen haben, nachdem diese angeblich Leon R.s Mutter beleidigt hätten und es zu einer Sachbeschädigung gekommen sei.

Die Vernehmungsatmosphäre habe auf den Beamten anfangs seriös und normal gewirkt und der Zeuge habe sich zunächst auf die Vernehmung eingelassen. Der Zeuge habe zu Beginn des Gesprächs gesagt, dass er schon eine Aussage bei den Thüringer Kollegen gemacht habe und gefragt, ob nicht einfach die verwendet werden könne. Dies habe auf den Beamten so gewirkt, als ob er sich der Vernehmung widersetzen wolle. Er habe es geschafft, dass der Zeuge sich im Verlauf des Gesprächs doch noch geöffnet habe, indem er u. a. gesagt habe, dass er keine Angst vor den Angeklagten haben müsse und dass sie ihn auch vor diesen schützen könnten.

Inhaltlich habe der Zeuge ausgesagt, dass er und zwei weitere Personen mit Schlägen durch Leon R. angegriffen worden sein. Maximilian A. sei ebenfalls anwesend gewesen, habe jedoch nicht selbst geschlagen. Weiterhin sei darüber gesprochen worden, dass der Zeuge seine Vorladung durch die Thüringer Polizei unmittelbar nach Erhalt an Leon R. geschickt habe. Dies habe er häufiger gemacht, um sich bei R. Beratung einzuholen. Der Zeuge habe ebenfalls bestätigt, dass sich „Knockout-51“ in Eisenach als Ordnungsmacht aufspiele und er habe angegeben, dass er großen Respekt vor Mitgliedern mit Kampfsportkenntnissen habe. Dazu zählte er insbesondere Leon R., Kevin N. und Maximilian A. Der Beamte sei zu dem Schluss gekommen, dass das anfängliche Schweigen bzw. Falschaussagen des Zeugens darauf zurückzuführen seien, dass er keine Probleme in Eisenach haben wollte. Dabei sei auch der Satz gefallen, dass er nichts sagen werde, weil er nicht in Eisenach tyrannisiert werden wolle. Das sei für den Beamten die Kernaussage der Vernehmung gewesen.

Die Staatsanwaltschaft fragte den Beamten zunächst, was der Zeuge dazu gesagt habe, wie die Täter an den Tatort gekommen seien. Dazu habe der Zeuge ausgesagt, dass sie gemeinsam mit einem dunklen Audi A4 oder A5 angekommen seien. Diesen habe er Leon R.s Mutter zugeordnet, da R. selbst einen weißen Audi gefahren habe. Zum Ablauf des Angriffs habe der Zeuge ausgesagt, dass zunächst ein anderer Betroffener geschlagen worden und dabei zu Boden gegangen sei, danach seien er selbst und eine weitere Person durch Schläge auf den Kopf angegriffen worden. Der zuerst angegriffene habe sich danach ins Krankenhaus begeben, wo bei ihm ein Ober- und Unterkieferbruch, ein ausgekugelter Kiefer, sowie gebrochene Nase, Jochbein und Augenhöhle festgestellt wurden.

Auf die Frage der Staatsanwaltschaft, woher der Zeuge Kenntnis über die Kampfsporterfahrungen der Angeklagten gehabt habe, gab der Beamte an, dass dieser zugegeben habe, einmal beim Training von „Knockout-51“ gewesen zu sein. Zur Gründung der Gruppe habe er ausgesagt, dass diese als Sportgruppe gegründet worden und aus dem „Nationalen Aufbau Eisenach“ hervorgegangen sei. Insbesondere während der Coronapandemie habe die Gruppe eine gute Möglichkeit geboten, um sich fit zu halten, da Fitnessstudios in dieser Zeit geschlossen gewesen seien. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hielt aus der polizeilichen Vernehmung weiterhin vor, dass der Zeuge angegeben habe, mehrmals beim Training gewesen zu sein und sich erst wegen einer Verletzung nicht mehr beteiligt zu haben. Die Mitglieder hätten sich vor Gründung der Gruppe nur zum Trinken getroffen, dann habe jemand eine WhatsApp-Gruppe mit dem Namen „Sportgruppe“ gegründet. Richtig bekannt sei die Gruppe geworden, als sich Personen mit Pullovern von „Knockout-51“ an Demonstrationen beteiligt hatten.

Die Verteidigung fragte zunächst, ob der Zeuge bei der polizeilichen Befragung in Bezug auf Leon R. oder „Knockout-51“ von einer „Ordnungsmacht“ gesprochen habe oder ob dies die Worte des Beamten gewesen seien. Es habe sich dabei um das Wort des Beamten gehandelt, der Zeuge habe es aber so bestätigt. Weiterhin fragte RA Hammer, ob der Zeuge zu dem Übergriff Bezüge zu „Knockout-51“ geäußert hätte, z. B. ob währenddessen darüber gesprochen wurde oder ob Personen Kleidung der Gruppe getragen hätten. Dazu habe sich der Zeuge nicht geäußert. Weiter geht es in der Befragung der Verteidigung darum, ob der Zeuge von Angst oder Respekt in Bezug auf die Gruppe gesprochen habe. Dazu macht der Beamte klar, dass für ihn eindeutig der Eindruck entstand, dass er Angst hatte. Dies habe sich u.a. an der Aussage gezeigt, dass er nichts sagen wolle, um nicht in Eisenach tyrannisiert zu werden. Der Zeuge habe außerdem davon gesprochen, dass es zu einem Bruch zwischen ihm und „Knockout“ gekommen sei, weil er sich – aufgrund einer Geburtstagsfeier – nicht am Schutz rechter Szeneimmobilien vor angeblichen linken Angriffen beteiligt hatte. Laut einem Vorhalt der Verteidigung aus dem Vernehmungs-protokoll hätten sich Leon R. und Maximilian A. nach dem Übergriff mit den Betroffenen getroffen und sich entschuldigt. R. habe in diesem Zusammenhang von einer „Ordnungsschelle“ gesprochen.

Befragung eines zweiten BKA-Beamten zum Angriff auf Garten-Silvesterfeier 2021/2022

Nachdem auch Zeuge 2 und 3 von ihrem Auskunfts-verweigerungsrecht Gebrauch gemacht hatten, wurde der BKA-Beamte B zu polizeilichen Vernehmungen dieser Zeug:innen vernommen. Der Beamte wird zu zwei Vernehmungen nacheinander befragt. Bei beiden ging es um den Überfall auf die Silvesterfeier 2021/22. Bei der ersten Vernehmung mit Zeuge 2 habe dieser einen nervösen Eindruck gemacht, was den Beamten aber nicht überrascht habe, weil dies häufiger vorkomme. Die Antworten wären aber meist sehr knapp gewesen, weshalb er häufig habe nachfragen müssen. Der Zeuge selbst habe den Übergriff nicht mitbekommen, weil er zuvor bereits die Feier verlassen hatte. Jedoch habe er seine Kopfhörer vermisst. Diese seien bei einer Durchsuchung beim Angeklagten Eric K. gefunden worden, wie ein Abgleich der Seriennummern ergab. Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatten keine Fragen an den Beamten.

Zur Vernehmung von Zeuge 3 gab der Beamte an, dass dieser häufig lange nachgedacht habe, bevor er geantwortet hat. Bei seinen Antworten habe er zudem gestottert. Auch seien seine Antworten sehr kurz ausgefallen, weshalb auch bei ihm häufig nachgefragt werden musste. Es handelte sich bei dem Zeugen um einen der Besitzer des Gartens, in dem die Silvesterfeier stattgefunden hatte. Er habe angegeben, dass er erst später zur Feier gekommen und später für mehrere Stunden unterwegs gewesen sei und nichts von einer Auseinandersetzung mitbekommen habe. Aus dem Protokoll der Vernehmung hielt der Vorsitzende vor, dass der Zeuge gesagt habe, dass die Gartenhütte „verwüstet“ gewesen sei. Der Polizeibeamte sagte dazu, dass der Zeuge davon gesprochen habe, dass die Hütte unordentlich gewesen sei, dies aber eher der Normalzustand war. Auf Nachfrage sagte er aber, dass das Wort „verwüstet“ vom Zeugen stamme, wenn es so im Protokoll stehe.

Befragung eines dritten BKA-Beamten zu Angriff auf Aßmannhalle 2021

Anschließend wurde ein dritter Polizeizeuge (Beamter C) gehört. Dieser wurde zu einer weiteren Vernehmung von Zeuge 2 zum Angriff an der Aßmannhalle befragt. Er habe die Vernehmung nicht selbst geführt, sondern sei nur dabei gewesen. Den Zeugen habe er als recht nervös und ängstlich erlebt, zudem habe dieser auch selbst zum Ausdruck gebracht, dass er Angst habe. Die Vernehmung hatte nach der Festnahme der Angeklagten stattgefunden und der Zeuge habe gesagt, dass er nicht vor den Festgenommenen Angst habe, sondern vor den weiteren „Knockout-51“ Mitgliedern, die noch in Eisenach sind. Er habe außerdem dazugesagt, dass er Angst habe, in Eisenach aus dem extrem rechten Lager angegriffen zu werden, weil er eine Person of Colour (PoC) ist. In der Vernehmung habe er zunächst gezögert, dann aber eine realistische Schilderung abgegeben. Er sei an dem Februarabend zusammen mit Freunden an der Aßmannhalle gewesen und habe mit diesen dort gegessen und getrunken. Dort hätten sie sich häufiger getroffen. Zwei Personen seien früher gegangen und er sei mit drei weiteren Personen geblieben. Dann sei ein Auto gekommen, aus dem zwei Personen ausgestiegen seien. Eine Person sei größer und eine kleiner gewesen. Die beiden seien direkt auf die Personengruppe zugekommen. Der Zeuge habe von der größeren Person einen Schlag mit der flachen Hand auf den Hinterkopf bekommen, sei zu Boden gegangen und konnte dann fliehen. Von dem restlichen Angriff habe er nichts mehr mitbekommen. Körperliche Folgen habe er davon nicht gehabt. Es sei am nächsten Tag erledigt gewesen und er habe es deshalb auch nicht angezeigt. Der Vernehmungsbeamte gab dazu an, dass er davon ausgehe, dass die Nichtanzeige auch mit Angst vor Folgen zusammenhing. Im Laufe der Vernehmung habe er auch berichtet, dass er bereits zuvor in einem anderen Gerichtsverfahren gegen das „Knockout-51“-Mitglied Kevin N. ausgesagt hatte und Angst vor dem Nazipublikum im Gericht hatte, die seinen Namen gehört hatten.

Im Nachhinein sei darüber gesprochen worden und er habe erfahren, dass es Leon R. mit einer weiteren Person gewesen sei. Etwas später habe er noch erfahren, dass es sich bei der zweiten Person um Maximilian A. handelte. Dieser habe sich einige Wochen später bei einem Treffen in der Kneipe „Swing“ bei ihm entschuldigt. Es sei auch A. gewesen, der ihn geschlagen habe. Über den Anlass des Angriffs sei sich im Nachhinein unterhalten worden. Der Zeuge habe auch mitbekommen, dass eine Frau vorbeigekommen sei. Dass es sich dabei um die Mutter von Leon R. gehandelt haben soll, hat er erst später erfahren. Von einer Beleidigung oder einer Sachbeschädigung habe er nichts mitbekommen.

Zur Gruppe „Knockout-51“ habe er gesagt, dass diese eine Schlägergruppe sei und in Eisenach das Sagen habe. Neben Leon R. und Maximilian A. zählte er auch Patrick Wieschke zu den Mitgliedern. Dieser sei seiner Aussage nach sehr bekannt in Eisenach und bei allen rechten Aktivitäten in der Stadt beteiligt. Er berichtete einen Aufkleber gesehen zu haben, den er „Knockout 51“ zuordnete. Auf diesem stand „Defend Eisenach“, zudem sei darauf eine Waffe abgebildet gewesen.

Die Fragen der Verteidigung zielten auf eine Relativierung der in der Vernehmung geschilderten Angst ab. Dabei wurde u. a. durch die Fragen der Verteidigung unterstellt, dass die Angst nur durch spätere Medienberichte entstanden sei. Dem widersprach der Vernehmungsbeamte.

Nach der Mittagspause sollte ein weiterer Zeuge (Zeuge 4) gehört werden, der ebenfalls von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch machte. Anschließend wurden noch einmal die drei Polizeibeamten zu weiteren polizeilichen Vernehmungen befragt.

Erneute Befragung des BKA-Beamten B zu Angriffen auf Silvesterparty 2021/2022 und auf Aßmannhalle im Februar 2021

Zunächst geht es um die Vernehmung von Zeuge 4 zum Überfall auf die Silvesterfeier 2021/22. Der Zeuge hatte zunächst angegeben, dass er gegen 2 Uhr zu der Feier gekommen und bis ca. 5 Uhr geblieben sei. Dort sei ihm von einer Auseinandersetzung bzw. Schlägerei erzählt worden, bei der vier maskierte Personen die Party gestürmt hätten. Es sei davon berichtet worden, dass es sich bei den Angreifern um Eric K., Florian O., eine Person mit Glatze und Denis K. gehandelt habe. Wie es zu dem Angriff gekommen sei, habe er nicht gewusst. Außer ihm seien 10 bis 15 weitere Personen anwesend gewesen. Die Vernehmungsbeamten habe stutzig gemacht, dass der Zeuge angegeben hatte erst nach dem Angriff dazugekommen zu sein, sich aber sehr sicher war, dass er um 2 Uhr gekommen sei. Nach TKÜ-Auswertungen waren die Beamten jedoch zu dem Schluss gekommen, dass der Angriff erst nach 2:30 Uhr stattgefunden hatte. Damit hätten die Beamten den Zeugen konfrontiert. Erst nach mehreren Nachfragen habe er zugegeben doch anwesend gewesen zu sein, als der Garten gestürmt wurde. Er habe dazu gesagt, dass er es erst nicht zugeben wollte, weil er nichts damit zu tun haben wolle.

Danach habe er berichtet, dass alle Angreifer bis auf Denis K. vermummt gewesen seien. Die Person mit Glatze sei erkennbar gewesen, weil diese nur einen Schlauchschal getragen habe, er wisse aber nicht wer es ist. Eric K. habe er trotz Vermummung erkannt, weil er ihn schon zuvor kannte. Er habe aber nicht angegeben, woran er ihn erkannt hatte. Denis K. habe bestimmte Personen in die Hütte gerufen und die Person mit Glatze habe das Gartentor bewacht, damit niemand den Garten verlassen konnte. Später sei erzählt worden, dass die Person ein Messer gehabt habe, dies habe der Zeuge aber nicht selbst gesehen. Durch das Fenster der Hütte habe er gesehen, dass es im Inneren zu einer Rangelei gekommen sei. Er habe sich gut daran erinnern können, dass eine Person einen Schlag ins Gesicht bekommen und sich dann auf das Sofa gesetzt habe. Der Angriff habe nicht lange gedauert und sei durch ein Kommando zum Zurückziehen beendet worden. Nach dem Angriff sei sich darüber unterhalten worden. Er selbst sei nicht eingeschritten, weil er in der Situation Angst hatte. Eine Erklärung für den Anlass des Angriffs hatte der Zeuge während seiner Vernehmung nicht. Er sei aber davon ausgegangen, dass zwei ihm namentlich bekannte Personen die Angreifer angerufen haben könnten, damit diese in den Garten kommen.

Auf Vorhalt durch den Vorsitzenden erinnerte sich der Beamte, dass der Zeuge gesagt habe, dass Eric K., Florian O. und Denis K. in die Hütte gegangen seien und auf Personen eingeschlagen hätten. Eine Person habe versucht dazwischen zu gehen und sei daraufhin von Denis K. ins Gesicht geschlagen worden. Im hinteren Teil der Hütte sei auch auf jemanden eingeschlagen worden. Dabei sei sich der Zeuge nicht sicher gewesen, ob es Eric K. war, der geschlagen hat. Einen weiteren Angriff habe er selbst nicht mitbekommen, ihm sei aber von einer anderen Person erzählt worden, dass in der gleichen Nacht nochmal Leute gekommen seien und eine Fensterscheibe zerstört hätten. Auch habe eine Person seine Kopfhörer vermisst.

Als Erklärung für den Wechsel in seinem Aussageverhalten habe der Zeuge angegeben, dass er sich von „Knockout“ fernhalten wolle und nicht wie eine weitere Person enden wolle, die geschlagen werden würde.

RA Urbanzyk fragte den Beamten anschließend, wie häufig er den Zeugen an seine Wahrheitspflicht erinnert habe. Dies habe er mehr als zweimal getan. Weiterhin fragte Urbanzyk, ob er sich selbst an Einschränkungen aufgrund von Corona Silvester 2021/22 erinnern könne, was der Beamte konnte. RA Hohnstädter fragte, ob der Zeuge die Angreifer mit „Knockout-51“ in Zusammenhang brachte, was der Beamte bejahte.

Nazi-Verteidigung fordert Beweisverwertungsverbot

An diese Vernehmung anschließend begründete Urbanzyk ausführlicher das zuvor erwähnte Beweisverwertungsverbot. Dem Antrag schlossen sich die anderen Verteidigungen an. Die Staatsanwaltschaft wollte später dazu Stellung nehmen.

Befragung Beamter C zu Angriff Aßmannhalle 2021

Nach der Antragsbegründung werden die Vernehmungen fortgesetzt. In der nächsten Befragung geht es um eine frühere Vernehmung im Juli 2022 mit dem gleichen Zeugen (Zeuge 4) wie zuvor. Dabei sei es um den Angriff an der Aßmannhalle gegangen. Der Zeuge sei an dem Abend des Angriffs an der Halle gewesen, habe den Ort aber vor dem Angriff zusammen mit zwei weiteren Personen verlassen. Er habe gesagt, dass es davor eine Beleidigung und Sachbeschädigung gegeben haben soll, er diese aber nicht mitbekommen habe. Nach dem Vorfall habe er zu „Knockout-51“ und Leon R. recherchiert und daher seine Informationen bekommen. Er habe weiterhin gesagt, dass Leon R. an dem Angriff beteiligt gewesen sei, habe aber keine Einzelheiten darüber geäußert, wer geschlagen habe.

RA Heiermann fragte den Beamten zu einer Wahllichtbildvorlage, die dem Zeugen gemacht worden sei. Auf dieser hatte er drei Personen erkannt. Darunter Patrick Wieschke. Heiermann stellte fest, dass er Eric K. nicht erkannt habe, obwohl die Befragung nach dem Silvesterangriff gewesen sei. RA Hentze fragte, ob der Zeuge schon vor seiner Recherche den Vorfall mit „Knockout-51“ in Zusammenhang gebracht habe. Dazu sei in der Vernehmung nicht nachgefragt worden.

Befragung BKA-Beamter zu Zeugenbefragung im Rahmen des Angriffs auf Halloweenparty 2021

Als letztes wurde nochmal der BKA-Beamte A zu zwei Zeug:innenvernehmungen aus dem Juni und Juli 2022 befragt.

Die erste Vernehmung war mit dem ersten Zeugen des 6. Prozesstages (er sollte zum Angriff auf der Kirmes in Schönau befragt werden, verweigerte aber die Aussage). Der Zeuge sei pünktlich zu seiner Vernehmung erschienen und höflich gewesen. Er habe schüchtern und zurückhaltend gewirkt. Am Anfang seiner Vernehmung sei ihm mitgeteilt worden, dass sich aus seiner Verwandtschaft zum gesondert Verfolgten Lauren B. (Cousin) kein Zeugnisverweigerungsrecht für ihn ergibt. Er sei ängstlich wegen möglicher Strafverfolgung, habe aber trotzdem ausgesagt. Das erste Mal habe er die Aussage verweigert, als ihm ein Bild vorgelegt wurde, auf dem er in Kleidung von „Knockout-51“ zu sehen gewesen sei. Ein zweites Mal habe er verweigert, als es um die Halloween-Party im Amare 2021 ging. Nach Erkenntnissen des BKA soll der Zeuge dort anwesend gewesen sein und den Angriff beobachtet haben. Er habe jedoch gesagt, dass er es nicht beobachtet habe und keine Aussage dazu machen könne. Dies sei für die Beamten unglaubwürdig gewesen und sie hätten ihn damit konfrontiert. Er sei zunächst aber trotzdem nicht von seiner Aussage abgewichen. Erst ganz am Ende der Vernehmung habe er sie teilweise revidiert und zugegeben, dass er die Auseinandersetzung doch beobachtet hatte.

Er habe sowohl gesehen wie Maximilian A. einem Geschädigten eine Ohrfeige gab, als auch andersherum. Der Beamte konnte nicht mehr genau rekonstruieren, warum der Zeuge sein Aussageverhalten geändert hatte, ging aber davon aus, dass er gemerkt hatte, dass die Beamt:innen den Zeugen „nicht kriminalisieren“ wollten. 

Der Beamte meinte sich zu erinnern, dass der Zeuge gesagt hätte, dass er am Anfang etwas Angst gehabt hätte, diese aber nicht konkretisiert habe. Der Zeuge habe dann beschrieben, dass sich die Auseinandersetzung außerhalb der Veranstaltungslokalität in einer dunklen Gasse abgespielt habe und habe dazu eine Skizze gezeichnet. Als Anlass habe er angegeben, dass sich der Geschädigte an die damalige Lebensgefährtin von Maximilian A. „herangemacht“ habe, dieser habe davon erfahren und sei dann zur Veranstaltung gekommen, um ihn zur Rede zu stellen. A. sei gemeinsam mit Leon R. in dessen Auto angekommen.

Bastian Ad. sei zu diesem Zeitpunkt bereits vor Ort gewesen, da er auf der Party eine Art Security-Rolle hatte. R. und A. seien aus dem Auto gestiegen und A. habe sich unverzüglich den Geschädigten geschnappt. Erst habe es eine verbale Diskussion gegeben, die sich dann zu einer körperlichen Auseinandersetzung entwickelt habe. Dabei sei es nach Aussage des Zeugens zu Ohrfeigen gekommen. RA Hohnstädter machte dem Beamten mehrere Vorhalte aus dem Vernehmungsprotokoll. Demnach habe der Zeuge gesagt, dass Bastian Ad. definitiv niemand zurückgehalten habe, er sich nicht daran erinnern könne, ob Ad. verbale Äußerungen gemacht oder gedroht habe und es nicht der Fall gewesen sei, dass Leon R. und Maximilian A. zu Personen gesagt hätten, dass sie keine Aussage bei der Polizei machen sollten. RA Wölfel befragte ihn dazu, ob der Zeuge angegeben habe Leon R. am Tatort gesehen zu haben oder ob er dies nur aus Erzählungen gehört habe. Zu dieser Frage gab es Widersprüche im Vernehmungsprotokoll.

Befragung des BKA-Beamten A zu Angriff auf Kirmes in Schönau 2021

Danach wechselt der Vorsitzende Richter das Thema hin zum Übergriff auf der Kirmes in Schönau im Sommer 2021 und den Aussagen zu „Knockout-51“ im Allgemeinen. Bei der Kirmes sei der Zeuge mit der zweiten Zeugin vom 6. Verhandlungstag gemeinsam in der Schlange des Getränkestands gewesen (bei der Zeugin handelte es sich um die damalige Partnerin von Bastian Ad., diese mauerte in ihrer Aussage vor Gericht). In vier bis fünf Metern Abstand habe Bastian Ad. zusammen mit dem Betroffenen gestanden.

Der Zeuge habe eine verbale Auseinandersetzung beobachtet. Nach Ermittlungen des BKA habe es anschließend eine körperliche Auseinandersetzung gegeben. Diese habe der Zeuge nicht gesehen. Allerdings sei Ad. selbst zurück in die Getränkeschlange gekommen und habe von dem Übergriff berichtet. Auf die Frage, ob er schon mal an einem Training von „Knockout-51“ teilgenommen habe, gab der Zeuge bei der polizeilichen Befragung zunächst „nein“ an. Dies habe er später mit einem „Schnupperkurs“, an dem er teilgenommen habe, revidiert und nach der Vernehmung im Protokoll das „nein“ an der entsprechenden Stelle durch ein „ja“ ersetzt. Er habe zwar nicht regelmäßig an Trainings teilgenommen, habe aber durchaus etwas mit „Knockout-51“ und Kampfsport anfangen können. Er habe außerdem über die Rolle von Lauren B. innerhalb der Gruppe gesprochen. Dieser sei nicht nur sein Cousin, sondern auch ein enger Freund. Er habe mehrfach mit der Gruppierung Demonstrationen besucht. Um welche es sich dabei handelte, habe der Zeuge aber nicht näher beschreiben können. Bezüglich Maximilian A. habe er ausgesagt, dass dieser zu ihm gesagt habe, dass er dankbar sei, dass er mit ihm auch außerhalb der rechten Szene Freundschaften habe und eigentlich aus dieser raus wolle und nicht mehr so oft beim Training gewesen sei. Dies habe sich auch mit Beobachtungen der Ermittlungsbehörden gedeckt, die bei A. unmittelbar vor der Festnahme relativ wenig Teilnahme an Kampfsporttrainings festgestellt hätten.

Als letztes wurde der gleiche Beamte noch zu einer Vernehmung der zweiten Zeugin vom 6. Prozesstag befragt (es handelte sich dabei um die damalige Partnerin von Bastian Ad., diese hatte in ihrer Aussage vor Gericht Ad. und „Knockout 51“ durch angebliche Erinnerungslücken geschützt). Sie habe auf ihn einen höflichen und zurückhaltenden Eindruck gemacht und im ersten Moment etwas naiv, desinteressiert und nicht sehr aussagebereit gewirkt. Dieser erste Eindruck, dass sie naiv sei, habe sich im Laufe des Gesprächs gewandelt und der Beamte gab an zu dem Eindruck gelangt zu sein, dass sie ihnen bewusst etwas verschweigen wolle. Dies hätte sie nach seiner Einschätzung getan, um Bastian Ad. oder die gesamte Szene zu schützen. Dabei habe sie z. B. „Knockout-51“ als Kleidungsmarke wie Adidas oder Nike bezeichnet. Dies sei unglaubwürdig gewesen. Sie habe weiterhin kein Aggressionspotenzial bei Ad. festgestellt und diesen nur als etwas rechts eingestuft, was aber nicht so schlimm sei. Diese Einschätzungen haben sich nicht mit denen des BKA gedeckt.

Befragung des BKA-Beamten A zu Halloween-Party 2021 in Eisenach

Bei der Halloween-Party im Amare sei die Zeugin Mitorganisatorin gewesen und habe Ad. angestellt, um sicherzustellen, dass die damals geltenden Coronamaßnahmen eingehalten würden. Bei der Veranstaltung habe sie die schreiende Lebensgefährtin von Maximilian A. erlebt und sei hinterher gegangen. Sie sei sich nicht sicher gewesen, ob sie die darauffolgende Auseinandersetzung selbst gesehen hat oder nur aus Erzählungen kenne. Sie habe berichtet, dass Leon R. und Maximilian A. gekommen seien und es zu einer Auseinandersetzung zwischen A. und dem Geschädigten gekommen sei. Die Auseinandersetzung habe außerhalb stattgefunden, sie habe ähnlich wie der vorherige Zeuge geschildert, dass die Auseinandersetzung im Dunkeln stattgefunden habe, im Unterschied zu diesem habe sie aber gesagt, dass sie sie nicht selbst gesehen habe. Auf die Frage des Richters, ob in der Vernehmung Thema gewesen sei, ob Personen am Eingreifen gehindert wurden, gab der Beamte an, dass die Zeugin gesagt habe, dass es sich um eine Auseinandersetzung zwischen zwei Personen gehandelt habe, in die sich niemand habe einmischen wollen. Der Vorsitzende hält ihm daraufhin aus dem Vernehmungsprotokoll vor, dass die Zeugin gesagt habe, dass die Freundin von Maximilian A. habe eingreifen wollen, die Zeugin und Bastian Ad. diese aber daran gehindert hätten, weil sie wollten, dass sie sich nicht in Gefahr bringe. Daran konnte sich der Beamte nicht mehr genau erinnern, sagte aber, dass es wohl so gewesen sei, wenn es im Protokoll gestanden hätte.

RA Hohnstädter fragte den Beamten anschließend nach der Beschreibung der Zeugin von Bastian Ad. Funktion auf der Party. Diese habe gesagt, dass er für die Einhaltung der Coronamaßnahmen, insbesondere, dass nicht zu viele Personen zur Veranstaltung kommen, verantwortlich gewesen sei. Den Begriff „Security“ habe sie dabei vermieden zu verwenden.

RA Wölfel fragte danach, ob die Zeugin nach einem Zusammenhang der Tat mit „Knockout-51“ oder einem politischen Hintergrund dieser befragt worden sei. Daran habe sich der Beamte nicht erinnern können. Anschließend fragte er noch, ob sie gefragt wurde, inwiefern Leon R. beteiligt gewesen sei. Dies habe er gefragt, sie habe aber angegeben, dass sie sich nicht erinnern könne ihn dort gesehen zu haben.

Nach der unvereidigten Entlassung aller Zeugen wurde der Prozesstag um 15:41 Uhr beendet.