Im Mittelpunkt des 17. Verhandlungstages (11.08.2025) standen die Aussagen von zwei Zeugen im Zusammenhang mit einem Vorfall am 10. Februar 2021 vor der Werner-Aßmann-Halle in Eisenach. Laut der Anklageschrift soll Leon R. dabei gemeinsam mit Maximilian A. an der Halle erschienen sein und auf mehrere Personen eingeschlagen haben, wobei ein Geschädigter Knochenbrüche im Gesichtsbereich erlitten habe.
Die Personen sollen als „Randalierer“ angesehen worden, weshalb Knockout 51 in dem von ihnen beanspruchten „Nazi Kiez“ für Ordnung habe sorgen wollen. Der erste Zeuge soll selbst Geschädigter dieser Körperverletzung sein.
Zeichen der „Ordnungsmacht“ durch Leon R.?
Der erste Zeuge berichtete von dem besagten 10. Februar 2021, an dem er mit einer Gruppe von etwa 10 bis 15 Personen unterwegs gewesen sei. Ausgangspunkt war ein Treffen in einer privater Wohnung, wobei bereits Alkohol konsumiert worden sei. Im späteren Verlauf des Abends bewegte sich die Gruppe in Richtung der Werner-Aßmann-Halle in Eisenach. Unterwegs habe einer aus der Gruppe mit einer Eisenstange eine Werbetafel beschädigt.
Der Zeuge selbst habe dies nicht direkt gesehen, da sich die Gruppe in kleineren Grüppchen bewegte. Kurz darauf sei die Mutter von Leon R. vorbeigekommen, habe die Gruppe zur Ruhe aufgefordert und sei beschimpft worden. Anschließend habe sie den Ort verlassen. Wenig später seien Leon R. und Maximilian A. mit einem Auto eingetroffen. Beim Aussteigen sei der Zeuge laut eigener Schilderung von Leon R. ohne Vorwarnung ins Gesicht geschlagen worden.
Dabei habe er das Bewusstsein verloren und wurde später von zwei Bekannten ins Krankenhaus gebracht. Hierdurch habe er Brüche der Augenhöhle, des Jochbeins und des Kiefers erlitten. Daher sei er operiert und worden und habe eine Metallplatte erhalten, die nach einem Jahr wieder entfernt worden wäre. Er lag insgesamt zwei Wochen im Krankenhaus.
Eigene Vergangenheit bei Knockout 51
Laut eigener Aussage erklärte ihm Leon R. später am Telefon, der Schlag sei erfolgt, weil dessen Mutter beleidigt worden sei. Der Zeuge hatte zunächst bei der Polizei eine abweichende Darstellung gemacht, um den Vorfall als „erledigt“ zu betrachten. Eine direkte politische Motivation verneinte er. Auf Nachfrage bestätigte er, selbst in der Vergangenheit bei KO51 trainiert zu haben, aber aus eigenem Antrieb dies auch wieder beendet habe.
Allerdings ließ ein anderer Zeuge bei einer BKA-Vernehmung verlautbaren, dass der vernommene Zeuge rausgeschmissen worden sei, da er bei einer Antifa-Demo in Eisenach nicht anwesend gewesen sei, um das Flieder Volkshaus vor Angriffen zu schützen. „Das haben sie uns übel genommen“ hieß es in der damaligen Vernehmung weiter. Außerdem sei er bei seiner BKA-Vernehmung am Vorabend alkoholisiert gewesen („ca. zehn halbe Biere“), weshalb der Verteidiger von Kevin N. die Auffassung vertrat, dass seinen Aussagen aus der Vernehmung eventuell nicht Glauben zu schenken sei.
Außerdem gab der Zeuge an, er halte die Reaktion von Leon R. unter persönlichen Gesichtspunkten für nachvollziehbar, da seine Mutter beleidigt worden sei, auch wenn er selbst den Vorfall nicht initiiert habe.
Weiterer Zeuge zu dem Sachverhalt
Im Anschluss wurde ein zweiter Zeuge zu den Geschehnissen aus dem Februar 2021 befragt. Er bestätigte, dass die Gruppe zunächst in einer Wohnung Alkohol getrunken habe. Einer aus der Gruppe habe ein Schild zerstört. Zur Ankunft Leon R.s und zu möglichen weiteren Auseinandersetzungen äußerte er, keine genauen Erinnerungen zu haben. Er betonte, keine Freunde oder „Kameraden“ verraten zu wollen.
In einer früheren polizeilichen Aussage hatte der Zeuge ebenfalls noch einen abweichenden Ablauf geschildert, um die Angelegenheit ohne Polizei zu klären. Er räumte ein, zumindest einmal bei einem Training von Knockout 51 dabei gewesen zu sein, bestritt aber eine aktive Mitgliedschaft. Er kannte die Angeklagten teilweise privat, erwähnte, dass Kevin N. ihm Bücher empfohlen habe. Auf Vorhalte zu politischen Inhalten reagierte er zurückhaltend.
Einführung weiterer Beweismittel
Im Anschluss wurden zahlreiche Chatprotokolle, Bildmaterialien und polizeiliche Ermittlungsvermerke in die Hauptverhandlung eingeführt. Zunächst ging es um die Kommunikation zur Organisation von Demonstrationen. Inhalte mehrerer Chatverläufe und Gesprächen waren Absprachen zu Treffpunkten, Transparenten und Bannern (u.a. „Rote Sümpfe trockenlegen“, „Importierte Kriminalität stoppen – Remigration jetzt“) sowie Hinweise auf strategische Platzierung von Teilnehmern (KO51-Mitglieder in vorderster Reihe, flankiert von älteren Teilnehmern).
Es wurden auch Taktische Anweisungen bei Versammlungen angeben, so enthielt ein Chat Hinweise zu Vermummung, Widerstand gegen Festnahmen und Verhalten bei Polizeikontakt. Zudem wurde ein als „Leitfaden für Aktivisten“ bezeichnetes Dokument verlesen, dieses enthielt Anweisungen zur Bildung von Bezugsgruppen, Umgang mit Medien, Verhalten bei Angriffen sowie Ausrüstungshinweise.
Außerdem wurde Bildmaterial ausgewertet. Metadaten wiesen auf Aufnahmen von Demonstrationen mit erkennbaren Personen, darunter auch mutmaßliche Mitglieder der Angeklagten-Gruppe. Aus einigen Chatpassagen ging die Politische Einordnung und Motivation hervor. So ging es in einem Chatverlauf von Leon R. und Kevin N. Darum dass es teils nicht um inhaltliche Themen, sondern um Machtdemonstration und politischen Einfluss ging. Äußerungen, wonach „alles, was dem Staat schadet, gut sei“, wurden verlesen.
Kevin N. bestritt teilweise die Teilnahme an einzelnen Demonstrationen, verwies auf fehlende örtliche Anwesenheit. Zur Frage der Gewalt äußerte er, dass er diese in der Vergangenheit taktisch abgelehnt habe, heute jedoch aus politischer Überzeugung. Dies entsprach bereits seinen Schilderungen bei seiner eigenen Aussage am 15. Verhandlungstag. Patrick Wieschke wurde in mehreren Chats als Organisator von Kundgebungen genannt; er kommentierte einzelne Vorhalte nicht. Marvin W. nahm an diesem Tag keine gesonderte Stellung ein.
Die Verteidiger bestritten in Einzelfällen, dass ihre Mandanten auf vorgelegten Fotos zu sehen seien. Außerdem wurde über weitere Ladungen von Zeug*innen diskutierten, darunter Ermittlungsbeamte des BKA, die mit den Angeklagten befasst waren.
Abschließend wurde der Antrag auf Haftprüfung von Kevin N. besprochen. Eine daran anknüpfende Stellungnahme des Hauptangeklagten wurde auf den nächsten Verhandlungstag vertagt. Zudem kündigte der Vorsitzende Richter die Planung weiterer Gerichtstermine bis in den März 2026 an.
Für den folgenden Verhandlungstag ist erneut die Vernehmung eines weiteren Zeugen vorgesehen.