Der 39. Verhandlungstag befasste sich unter anderem mit der gewaltvollen Auseinandersetzung zwischen Maximilian A. und einem Geschädigten, dem Angriff von Eric K. auf das Opfer der Taten aus der Silvesternacht 2021/2022 und seinem Angriff auf den Polizeibeamten im 04.02.22. Im Publikumsbereich nahmen erneut die Mutter des Leon R. sowie sechs Begleiter*innen Platz. Zwei kritische Prozessbeobachter*innen waren ebenso zugegen.
Maximilian A.: Schlägerei bei Diskoveranstaltung
Die Beweisaufnahme begann mit Audioaufnahmen aus der Innenraumüberwachung des Fahrzeuges von Leon R., aus der Nacht des 31.10.2021. Dieser war gemeinsam mit Maximilian A. auf dem Weg zum Amara, einer Diskothek in Erfurt. Die beiden Männer schienen die Veranstaltung nur sehr kurz besucht zu haben und unterhielten sich über die Geschehnisse, die noch draußen vor dem Club stattgefunden haben sollen. Es sei zu einer Auseinandersetzung zwischen Maximilian A. und Dustin V. gekommen sein. Leon R. habe sich darum gekümmert, dass keine umstehenden Menschen in diese Situation eingreifen: „es war gerade schwierig, die Leute alle wegzuhalten“. Durch das Anwenden von Gewalt sei es ihm und dem ebenso anwesenden Mitangeklagten Bastian A. gelungen, ein Einschreiten der Gäste verhindern zu können, während Maximilian A. und der Geschädigte „sich gekloppt“ hätten. Angeblich habe Maximilian A. ursprünglich nur mit dem Geschädigten reden und ihn fragen wollen „was hast du über meine Freundin gesagt, ob du sie ficken willst“. Dieser habe erwidert, dass das so nicht gemeint gewesen sei.
Wieder im Fahrzeug kam es zu einem Telefonat zwischen Maximilian A. und dem vor Ort gebliebenen Bastian A.. Laut Letzterem sei nun auch die Polizei gekommen. Maximilian A. fordert ihn daraufhin dazu auf: „Guck, dass die keine Aussagen bekommen (…) Mir egal (…) Hauptsache keiner macht ne Aussage (…) Kümmere dich drum.“ Bastian A. scheint das Anliegen verstanden zu haben und antwortet „Ja, mach ich (…) Ja, ich guck.“ In einem späteren Gespräch erzählt Maximilian, der Geschädigte habe „zwei Schläge und Kicks gekriegt.“ Weiter meint er, dass er sich das alles zwar hätte sparen können, sich aber in dem Moment „gefühlt“ habe. Insgesamt habe es außerdem „Eindruck gemacht“.
Verteidiger Hohnstädter möchte hierzu Stellung beziehen und äußert sich hinsichtlich des Auftrages von Maximilian A. an Bastian A. wegen der Zeugenaussagen. Hierin soll lediglich der Wunsch kundgetan worden sein, dass keiner etwas sagen solle. Ein konkretes Einwirken auf die Gäste sei in der Konversation nicht das Anliegen gewesen.
Am Nachmittag des 31.10.2021 hätten der Geschädigte und Maximilian A. miteinander geschrieben und sich treffen wollen. Als der Geschädigte dann bereits im Chat Fragen stellte – „Wie muss ich das verstehen, dass du mir auf die Fresse gehauen, aber dich entschuldigt hast“ und warum er damit rumprahle –, scheint Maximilian A. kein Interesse mehr an einem Treffen zu haben. Hinsichtlich seines Motives und der Gesamtsituation lässt er sich auf keine Diskussion ein und schreibt „Digga, ist durch, keinen Bock mit damit nochmal zu befassen.“
In Folge der Körperverletzung habe der Geschädigte im Übrigen laut ärztlichem Attest eine Platzwunde und Blutergüsse erlitten.
„Wir dulden keine (…) Demokraten“
In Folge diverser Tatverdachte findet am 06.04.2022 eine Hausdurchsuchung in der Wohnung des Angeklagten Bastian A. statt. Hierbei konnte ein Poster sichergestellt werden, welches den Schriftzug „Nazi Kiez – wir dulden keine Zecken, Demokraten und Drogendealer“ trug. Abgebildet waren zudem diverse Waffen und Werkzeuge. Das Plakat hing an einer Wand in der Wohnung.
Silvester: Schlägerei und Tiermisshandlung
Weiter ging es mit den Vorkommnissen um die Silvesternacht 2021/2022. In der Beweisaufnahme wurden diverse Aufnahmen der Telekommunikationsüberwachung abgespielt, die in unterschiedlichen Zeiträumen nach dem Abend entstanden sind.
Zunächst wurde ein Chatverlauf zwischen dem gesondert Verfolgten Denis K. und Guido B. eingeführt. Der gestrige Abend sei „unvergesslich“ gewesen, so B.. Denis K. übersendet sodann einige Lichtbilder, welche die feiernde Gruppe zu zeigen scheinen. Ca. sieben Personen, darunter zwei Frauen, posieren in Richtung Kamera, mehrere der Personen zeigen den Hitlergruß. B. habe ein T-Shirt getragen, das mit einem Reichsadler und einem sog. Siegerkranz bedruckt war.
Noch am Abend des 31.12.2021 habe die Partnerin von Denis K. sich bei ihm darüber beschwert, dass einige „Stoffis“ in ihrem Garten seien. Ein anderer Mann sei aber immerhin vor Ort gewesen, und habe sich gekümmert. K. fragt: „Welche Fotze bekommt auf die Fresse? (…) Sag mal, bist mein Mädchen.“ Seine Partnerin meint darauf, es sei nun wieder gut.
In einem Gespräch, aufgenommen durch die Innenraumüberwachung aus dem Fahrzeug des Eric K. schwadroniert dieser über den Silvesterabend:
„So ’n Junkie hat gestresst, dass keine Nazis erwünscht sind. Direkt zwei in die Fresse gegeben. (…) Guido stand draußen, eine Hand an der Schreckschusswaffe, haben alle gedacht, das wäre ‘ne Echte. Er so ,hier bleibt jeder stehen‘ wie Stoptanz.“ Unter Gelächter erfreut sich Eric K. weiter an seinen Erinnerungen an diesen Abend: „Dann hab‘ ich den Junkie in die Küchenzeile reingehämmert. (…) guckt er mich so an, war schon halb weg. Er so ,ich nehme nie wieder Drogen‘, dann hab‘ ich noch einen Schlag gegeben.“
Aus einem weiteren Gespräch über diese Nacht zwischen Eric K. und Denis K. ergab sich, dass einer der anwesenden Männer die Katze, die einer der Frauen gehörte, durch den Garten geschmissen haben soll. Zu einem späteren Zeitpunkt habe ein Mann namens Torben dieser Katze außerdem den „Finger in Arsch“ gesteckt, so Denis K. Die Männer reden hierüber unter großem Gelächter.
Die Gruppe hätte zudem die ganze Nacht „sieg heil“ gerufen, während Guido B. mit der besagten Schreckschusspistole Schüssel abfeuerte. Irgendwann habe die Nachbarschaft zudem die Polizei verständigt.
In einer weiteren Aufnahme vom 09.03.2022 ist zunächst unklar, über welchen Vorfall Eric K. hier spricht. Jedenfalls holt er wieder weit aus, um den Anwesenden, hier Denis K. und Enrico K., einen Eindruck zu geben:
„Der war schon zu bekifft der Typ. Da bin ich mit Sturmhaube auf ihn zu und er so ,Bruder entspann dich mal‘. Schon die Erste gekriegt. Und er nur ,Schlag mich nicht tot‘. Ich sag ,Komm her du Fotze‘. (…) Noch ein in die Fresse gekriegt. Ich sag ,Nimmst du noch einmal mein Namen (…) Ich schlag dich tot‘. ,Bitte, Bitte‘ [äfft den Geschädigten nach]. Der traut sich bis heute nicht abends raus. (…) Wirklich gerannt. Komplette Panik nachts.“
Diebstahl unter „Kameraden“?
Eric K. habe an Silvester außerdem die fremden AirPods eines anderen Anwesenden an sich genommen. Hierzu wurden diverse Vermerke und Lichtbilder eingeführt, um die Seriennummer, die K. zerkratzt hatte, dem richtigen Eigentümer zuzuordnen. Letztlich geht auch hier aus einer Innenraumüberwachung vor, dass Eric K. die Seriennummer bewusst zerkratzte und sich völlig im Klaren darüber war, dass diese jemand anderem gehörten.
Besuchsrecht Leon R.
Nach der Mittagspause äußerte die Verteidigung des Angeklagten Leon R., dass dieser nur gelegentlich seinen Sohn in der Untersuchungshaft zu Gesicht bekäme. Sein Besuchsrecht würde mithin eingeschränkt werden und das, obwohl er mittlerweile der Einzige in Untersuchungshaft ist, so Rechtsanwalt Wölfel. Laut eigener Aussage würden auch die Telefonate am Nachmittag mit seiner Familie nicht umgesetzt werden. Der Vorsitzende Richter werde sich darum kümmern.
Eric K. stolz über Prügelei
Erneut werden Aufnahmen bezüglich der Silvesternacht vorgespielt. In einem Telefonat zwischen Nils A. und Eric K. erzählt Letzterer stolz, dass er „Junkies weggeschlagen“ habe. Laut einem darauffolgenden überwachten Telefonat wollte Leon R. anschließend mit ihm über die Geschehnisse reden und lud ihn dafür in seine Kneipe Bulls Eye ein. In der Folge schien Eric K. glücklich darüber zu sein, dass R. seine Tat gut heiße. Laut Denis K. bezeichneten andere seine Tat hingegen als „eher unnötig“. Um die betreffende Person wiederum einzuschüchtern, habe Eric angeboten, die diese gemeinsam mit dem gesondert Verfolgten Denis K. bewusstlos zu schlagen.
In einem Gespräch mit seiner damaligen Partnerin erzählt Eric K. außerdem, dass er den Auftrag erhalten habe, den „Junkie zusammen(zu)kicken“, gemeinsam mit drei anderen Männern. Über welche Tat hier konkret die Rede ist, kann nicht festgestellt werden.
Chatten mit der Freundin von Eric – Verboten!
Dem Geschädigten Polizeibeamten habe Eric K. laut protokollierter Chatnachrichten für den Fall gedroht, dass dieser nicht damit aufhöre, seiner Freundin zu schreiben. Im Zusammenhang mit dem Angriff auf diesen, im 04.02.22, habe Eric K. im Internet nach Ermittlungen und Polizeieinsätzen sowie nach dem Namen des Geschädigten gesucht. Weiter verlässt sich der Tatverdächtige nach Rücksprache mit einer weiblichen Person aus dem Umfeld von KO51 darauf, dass der Geschädigte aufgrund seines Ausbildungsstatus keine Anzeige erstatten würde. Über den Kieferbruch machten diese sich gemeinsam lustig.
Es folgte ein langes ausführliches Gespräch aus der Telekommunikationsüberwachung zwischen Eric K. und seiner Freundin über dessen beste Freundin. K. könne ihr nicht vertrauen, da sie ständig hinter seinem Rücken über ihn rede und Unwahrheiten verbreite.
Als letzte Beweisaufnahme wird ein Gespräch aus der Innenraumüberwachung des Fahrzeugs von Eric K. vorgespielt, in welcher dieser ausführlich über die Silvestergeschehnisse sinniert. Während der Tat habe Eric K. den Geschädigten angeschrien:
„Du Scheiß Junikie-Fotze, wir bringen dich um“. Er habe „die ganze Zeit Stampftritte auf den Schädel“ verteilt. Als der Geschädigte sich vom Boden hochhieven wollte, entgegnete K. laut eigener Erzählung nur: „Ich sag du bleibst liegen du Fotze. Seh‘ ich einmal, dass du aufstehst, legen wir dich um.“ Er erinnert sich weiter, dass er einfach nur die „pure Gewalt“ gespürt habe: „einfach druff“. In diesem Zusammenhang erwähnt er auch, dass er Quarzhandschuhe getragen habe, worauf es in der voranstehenden These der Beweisaufnahme ankam: „ein schwerer Haken mit dem Handschuh und (…)“.
Als nach dieser Beweiseinführung Rechtsanwalt Hentze nach einer Pause fragt, entschließt sich der Vorsitzende Richter die Verhandlung um 16:19 Uhr zu beenden und verweist auf die Verhandlung am Folgetag.