Kategorien
Knockout 51 - Prozess

37. Verhandlungstag – KO51 – 15.04.2024

Die Zeugenaussage von Patrick Wieschke, dem Landesvorsitzenden der Heimat (vormals NPD) wurde mit Spannung erwartet. Seit langem war dementsprechend auch der Gerichtssaal wieder bis zum letzten Platz gefüllt. Auch etliche Kader der Thüringer NPD nahmen an der Verhandlung teil, darunter beispielsweise Karsten Höhn aus Eisenach und Patrick Weber aus Sonderhausen.

Bevor Patrick Wieschke in den Saal geführt wurde, gab es noch einen Nachtrag zum letzten Verhandlungstag. In einem Gespräch mit Gina B. erzählte Leon R., dass er sich wünsche, dass sein Sohn mit seinen politischen Aktivitäten nicht in Berührung komme. Deshalb wolle er „ein paar Jahre nicht aktiv“ sein und sich von Aktionen fernhalten, um dann nach zwei Jahren einen Löschantrag bei Google zu stellen. Dieser Plan ist mittlerweile wohl in weite Ferne gerückt.

Dann gab der Richter noch bekannt, dass der für den morgigen Tag geladene Zeuge Leon W. derzeit nicht erreichbar ist, da er mittels eines Haftbefehls gesucht wird. Stattdessen soll das Protokoll seiner polizeilichen Vernehmung verlesen werden.

Nur ein Hobby

Danach konnte es auch mit dem vierstündigen Auftritt von Patrick Wieschke losgehen, der – wie erwartet – von seinem Auskunftsverweigerungsrecht keinen Gebrauch machte. Bereits beim Ermittlungsrichter des BGH in Karlsruhe sagte er an zwei Terminen umfänglich aus. Zunächst sollte er allgemein zu dem Stichwort „Knockout 51“ berichten. Anfangs hätten sich Leon R. und andere nur für den Kraftsportbereich interessiert. Dies sei dann auf Kampfsport ausgeweitet worden. Dabei hätte das Flieder Volkshaus räumlich und organisatorisch „ideale Möglichkeiten“ geboten. Ab 2019 hätte dort das Training laut Wieschke begonnen, was einer Neuausrichtung entsprochen hätte.

Irgendwann sei der Name „Knockout 51“ in diesem Zusammenhang gefallen. Er hätte von der Gruppe aufgrund des ansteigenden Interesses des politische Gegners erfahren. Wieschke habe das Ganze allerdings bis zum Schluss als „reines Hobby“ wahrgenommen. Politische Aktivisten hätten – zum Bedauern von Wieschke – nur teilweise mitgewirkt. Zahlenmäßig hätte es zwischen fünf und zwölf geschwankt. Eine politische Vereinigung sei die rechtsextreme Kampfsportgruppe aus seiner Sicht zumindest nicht. Selbst bei Graffitis oder Stickern mit eindeutigem politischem Bezug betonte Wieschke immer wieder, dass dies nichts mit Knockout 51 zu tun hätte. So versuchte er immer wieder, Sport und Politik voneinander zu trennen.

Aus Gesprächen mit Leon R. hätte er aber erfahren, dass eine Perfektionierung des Sports angestrebt worden wäre. Viele hätten von professionellen Wettkämpfen geträumt. Bei der Befragung des GBA ergänzte er später, dass Kevin N. rund um den „Kampf der Nibelungen“ Bestrebungen in professioneller Form hegte. Conor McGregor sei beispielsweise ein Vorbild der Gruppe gewesen. An einer solchen Wettkampfform im Fernsehen habe aber nie jemand teilgenommen. Gewaltausübung könnte er im weitesten Sinne nicht mit Knockout 51 in Verbindung bringen. Eine geplante Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner habe er allerdings erst aus den Akten erfahren. Allerdings sei es aus Wieschkes Sicht verständlich, dass es am Ego kratzen würde, wenn man selbst Opfer von Übergriffen geworden ist.

Schulungen im Volkshaus

Wieschke äußerte sich auch zu verschiedenen Schutzvorkehrungen, die er gegen Gewalt ergriffen hätte. So habe laut Wieschke Mitte 2021 die erste Schulungsveranstaltung unter dem Titel „Volk, Nation, Staat“ stattgefunden, wobei diese immer in einen theoretischen und praktischen Teil gegliedert wären. Bei „Gefährdungslagen“ wurden andere thematische Schwerpunkte gesetzt. Allerdings hätte Leon R. direkt betont, dass „90 bis 99 Prozent“ nicht mit Angriffen rechnen müssten, sondern höchstens Leon R. selbst und Wieschke als „bekannter Rechter“. Deshalb hätten die Veranstaltungen eher allgemeine Gefahrensituationen zum Gegenstand gehabt.

Wieschke bestritt auch nicht, dass bei der Schulungsveranstaltung ein Tisch mit einem Bogen, Messer und Macheten aufgebaut wurde. Allerdings hätten diese Waffen nur zur Veranschaulichung von rechtlichen Aspekten gedient, in etwa welche Messer legal mitführbar wären. In Erinnerung blieb ihm vor allem, dass Leon R. von der Nutzung eines Messers bei einer Gefahrenlage explizit abgeraten hätte, da auch der Gegner den Gegenstand an sich nehmen könne. Insbesondere Leon R.s Ausführungen zum Compound-Bogen hätten zu Gelächter geführt, da er den Bogen als untauglich und ineffizient dargestellt hätte, so würde „niemand wie Robin Hood durch Karlstraße in Eisenach laufen“.

Vernetzungstreffen der Thüringer Rechten

Sowohl die später noch thematisierten baulichen Maßnahmen am Volkshaus als auch das Vernetzungstreffen am 8. Mai 2021 habe laut Wieschke im Zusammenhang mit der „Brandserie“ gestanden, die „Gesprächsthema in der gesamten Szene“ gewesen sei. Er selbst habe das Treffen anberaumt, 15 bis 20 Leute hätten teilgenommen, ein Stuhlkreis sei gebildet worden. Betroffene wie Paul Rzehaczek, Ricky N. aus Sonneberg und Leon R. hätten von ihren eigenen Erfahrungen berichtet. Auch der „Volkslehrer“ Nicolai Nerling soll anwesend gewesen sein. Anschließend wurde über geeignete Reaktionen der Rechten diskutiert. Unterpunkte seien die Einbeziehung der Polizei, Aufklärungsmaßnahmen und der Schutz von Immobilien gewesen.

Bezüglich letzterem konnte Eisenach und er selbst „schon Ergebnisse auffahren“, so Wieschke. Zudem wurde verabredet, rechte Journalisten mit Informationen zu „füttern“, da die übrigen Medien kein Aufklärungsinteresse hätten. Auch die Frage, wie mit möglichen eigenen Ermittlungsergebnissen in Bezug auf „linke Straftaten“ umgegangen werden sollte, sei diskutiert worden. Dabei wurde der Wunsch formuliert, dass sich die Ermittlungsbehörden mit der Thüringer Rechten „auf Augenhöhe“ austauschen würden. So gab es die Überlegung, sich mit dem LKA „an einen Tisch zu setzten“. Thorsten Heise hätte theatralisch formuliert, dass die Polizeibeamten „in unserem Kreis“ sitzen sollten.

Schließlich wurde sich darauf geeinigt, „durch paradoxe Intervention durch Videos von Nerling und Presseerklärung die Behörden zu zwingen, auf uns zuzugehen“. Wieschke veröffentlichte außerdem eine Presseerklärung, worüber er stolz prahlte. Außerdem wurde die Threema-Gruppe „Thüringen“ eingerichtet. In dieser sollten sich Immobilienbesitzer und rechte Journalisten vernetzen und gemeinsam über „verdächtige Aktivisten“ austauschen. Außerdem sei der Plan gewesen, darüber Demos zu organisieren.

Verhältnis zu den Angeklagten

Auch zu seinen Kontakten zu den Personen, die Knockout 51 zugerechnet werden, nahm Wieschke Stellung. Mit Leon R. hatte er aufgrund dessen Einbindung in die Aktivitäten des Flieder Volkshauses wöchentlichen Kontakt. Außerdem sei Wieschke auch im Bulls Eye Stammgast und wäre daher regelmäßig auf Leon R. getroffen. Die beiden hätten sich intensiv zu politischen Fragen wie den Ukraine-Krieg ausgetauscht. Bestimmte politische Pläne mit Knockout 51 seien dabei aber nie kommuniziert worden. Bereits in seiner Vernehmung in Karlsruhe gab er an, dass strategische und taktische Angelegenheiten dabei nie besprochen wurden. Da Wieschke mit Leon R. „politisch so eng“ war, hätte er auch entsprechende Bestrebungen von Knockout 51 mit Sicherheit mitbekommen müssen.

Auf spätere Nachfrage der Bundesanwaltschaft erklärte Wieschke weiter, dass Leon R. als Vorstandsmitglied des Vereins des Flieder Volkshauses mehr junge Leute für verantwortliche Positionen gewinnen sollte. Der Altersdurchschnitt in den Vereinsstrukturen hätte bei über 40 Jahren gelegen. Außerdem hätte er etliche Werbegraphiken erstellt oder auch die Programmierung der Alarmanlage des Volkshauses übernommen. Durch sein Wirken wurde schließlich auch Marvin W. in den Vorstand berufen. Mit den anderen drei Angeklagten habe dagegen lediglich ein sporadischer Kontakt bestanden. Über Bastian Ad. sprach Wieschke bereits in Karlsruhe von einer Gewaltaffinität. Nun meinte er, dass „rein verbale“ Äußerungen von Ad. ihn zu diesem Schluss gebracht haben. Konkrete Straftaten hätte er nicht bekommen, auch bei Maximilian A. wisse er lediglich von der „Eifersuchtstat in diesem diskoähnlichen Club“.

Eric K. hätte er beispielsweise bei den Montagsdemos angetroffen. Hinsichtlich Gewalttaten kenne er die „Geschichte mit Polizisten“, die er als Eifersuchtstat eingeordnet hat. Später ergänzte er, dass er dies als neuester „Klatsch und Tratsch“ beim Frühschoppen im Bulls Eye erzählt wurde. Details wisse er aber nicht mehr. Auch beim Sommergewinn 2022 hätte Eric K. den Besucher Martin E. geschlagen. Dabei bereute Wieschke, E. nicht aufgrund seiner Provokationen schon früher rausgeworfen zu haben. Damit endete die Befragung des Gerichts bereits.

Schießtraining und Zurückstechen

Zu dem Stichwort „Tschechien“ sei ihm im Nachhinein bekannt geworden, dass eine Teilnahme an einem Schießtraining stattgefunden hätte. Im Bulls Eye wäre seine Schwägerin erwähnt worden, die die Autovermietung in Eisenach leiten würde. Deshalb wurde ihm mitgeteilt, dass ein Mietauto für das Training genutzt wurde. Eine übergeordnete Zwecksetzung wollte er dem Training aber nicht zuordnen. Für ihn sei es „Gaudi, eben Spaßausflug“ gewesen.

Nochmals von der Staatsanwaltschaft vorgehalten wurden Wieschke dann seine Äußerungen über das bereits erwähnte Vernetzungstreffen am 8. Mai 2021. Hintergrund ist ein von Nerling aufgenommenes Video, in dem Thorsten Heise mit Vergeltung drohte. Konkret sagte Heise, dass die „Linken“ in ein „Hornissennest“ gestochen hätten und die Rechten nun zurückstechen werden. Was Thorsten Heise dabei von sich gegeben hat, will Wieschke aber gar nicht mitbekommen haben. „Zurückstechen“ sei außerdem interpretationsbedürftig.

Außerdem habe er auf die Beiträge der anderen gar nicht geachtet, da er einen „Tunnelblick“ innehatte. Der „Volkslehrer“ sei allerdings von ihm selbst gar nicht eingeladen gewesen, erklärte Wieschke. Da er aber bereits eine Kamera dabei hatte, kam erst die Idee auf, ein Video zu drehen. Schließlich hätten sie auch ihr damit verbundenes Ziel erreicht, da es nach dem Vernetzungstreffen nur noch einen Anschlagsversuch gegeben hätte.

Nur faschistischer Selbstschutz

Auch als es um die baulichen Maßnahmen am Flieder Volkshaus ging, setzte Wieschke seine Verharmlosungsstrategie fort. Der Generalbundesanwalt geht dabei davon aus, dass die baulichen Veränderungen am Volkshaus dazu gedient hätten, möglichen Angreifer:innen eine Flucht zu erschweren, um so selbst leichter zum Gegenangriff ansetzen zu können. Wieschke begründete zunächst sein eigenes Interesse an der Durchführung von Sicherungsinteressen aufgrund seiner Tätigkeit als Antiquariat. Das Ziel sei gewesen, beispielsweise durch die Installation von Nato-Draht Brandanschläge zu erschweren.

Der Richter fragte daraufhin, ob er auch darüber nachgedacht hätte, dass dies eine Falle darstelle, damit eine unbefugte Person „nicht mehr wegkommt“. Wieschke verneinte, der einzige treibende Gedanke sei die Frage gewesen, wo „sie was anzünden“ könnten. Auch als ihn der Journalist Feldmann nach einer Falle gefragt habe, hätte er hiervon nichts gewusst. Erst am Tag seiner Festnahmen hätte er von entsprechenden Interpretationen erfahren. Auch die Überwachungskameras hätten eine „rein defensive Schutzmaßnahme“ dargestellt.

Später hakte auch der Vertreter der Bundesanwaltschaft nochmals bei Wieschke nach. Die Stahltür sei eine Spende gewesen, führte Wieschke aus. Auch die Installation des Nato-Draht sei im April und Mail 2021 erfolgt. Falls durch die Anlage der Alarm ausgelöst worden ist, hätten außerdem vier Personen einen Anruf erhalten. Angriffe hätten sie von allen Seiten befürchtet. Da bei einem Graffiti-Anschlag ein fünfstelliger Schaden entstanden sei, wurde sich allerdings als Schwachstelle auf den hinteren Bereich fokussiert. Danach wurde Wieschke gefragt, welche Fluchtmöglichkeiten es für eine Person überhaupt noch geben würde, wenn eine Person in die Hofeinfahrt hineinlaufe und von Wieschkes Leuten verfolgt wird. Ein solches Szenario sei „unwahrscheinlicher als ein Lottogewinn“, erklärt Wieschke. Es wäre schlichtweg nicht möglich, eine Person auf frischer Tat zu ertappen.

Waffendepot im Volkshaus

Abenteuerlich wurde es auch, als Wieschke über im Flieder Volkshaus gelagerte Waffen befragt wurde. Im Rahmen der Durchsuchungen am 6. April 2022 wurden in einer Abstellkammer des Flieder Volkshauses Waffen und waffenähnliche Gegenstände aufgefunden. Zunächst konnte er keine Angaben darüber machen, wer die Waffen eingebracht hat. Er vermute aber, dass die Waffen dort im Zusammenhang mit einer Demonstration im März 2019 untergebracht wurden. Dass er in der Vernehmung beim BGH noch aussagte, dass „die am Rande des Sport hergebracht“ wurden, sei ein Missverständnis. Sie würden definitiv aus der „Bewaffnungsaktion 2019“ stammen.

Dabei sei zu befürchten gewesen, dass „eine Horde von mehreren Tausend Autonomen Eisenach ins Wanken bringt“. In der Folge hätten sie dazu aufgerufen, dass Unterstützer:innen im Volkshaus übernachten können. Dabei seien 50 Personen dauerhaft anwesend gewesen, auch zwei Linke hätten sich eingeschlichen. Danach hätte im Lager ein „reines Chaos“ geherrscht, die Waffen würden also noch hiervon stammen. In der Folge hätte er sich an Leon R. gewandt, der als Vorstandsmitglied die Gegenstände entsorgen sollte, da die Eigentumsverhältnisse an den Waffen nicht geklärt werden konnten.

Reaktionen auf Festnahmen

Eine besondere Rolle habe Wieschke laut eigener Aussage auch nach den beiden Razzien eingenommen. Zunächst wurden am 6. April 2022 im Rahmen einer bundesweiten Großrazzia die Angeklagten festgenommen. Kurz danach sei Wieschke daran interessiert gewesen, „politische Leute zu formen“, die für die Belange des Flieder Volkshauses und seine Partei eintreten könnten. Somit hätte er das Wegbrechen der Angeklagten als Chance begriffen, „noch jüngeren Nachwuchs für unsere Interessen zu rekrutieren“. Schließlich sei es notwendig gewesen, das entstandene Vakuum an jungen Kontaktpersonen für neue Leute zu füllen.

Mit Florian O. und Josephine O. (damalige Lebensgefährtin von Eric K.) habe er sich außerdem gegen den gesondert verfolgten Dennis K. als neue Führungsperson entschieden, da er ein „apolitischer Typ“ sei. Von staatsanwaltlicher Seite wurde eingewandt, wie es zusammenpassen würde, dass Knockout 51 aus seiner Sicht keine politische Vereinigung sei, dann aber Dennis K. mangels politischer Eignung degradiert wurde. Auch hierauf erwiderte Wieschke einmal mehr, dass auch dieses Nachfolgetreffen gar nichts mit „Knockout 51“ zu tun hatte, sondern es ihm nur um eine generelle Politisierung junger Menschen ging. Beim Haftrichter führte Wieschke noch aus, dass nach den Festnahmen stattgefundene Sticker-Aktionen zur Entlastung von Leon R. dienen sollten: „Wenn er sitzt und trotzdem Dinge passieren, kann er kein Rädelsführer sein“. Nun ruderte er zurück und erklärte, dass dies nur die Auffassung einzelner weniger gewesen sei, die er selbst nicht teilte.

Waffen vor Polizei versteckt

Auch am Tag der Festnahme von Florian O. (29. November 2023) fand sich Wieschke mit anderen im Bulls Eye ein, um die Ereignisse des Tages zu besprechen und zu feiern. In der rechten Szene würden sie sich auch immer im Bulls Eye treffen, wenn beispielsweise ein Kamerad verstorben ist, so Wieschke. An diesem Tag seien die von den Durchsuchungen betroffenen Personen anwesend gewesen. Eine hiervon hatte er auch selbst bei der Polizei in Gotha abgeholt.

Beim BGH äußerte Wieschke außerdem, dass R. und Ulrike E. bei einer Durchsuchung Waffenteile „noch rechtzeitig weggeschafft“ hätten. Dies hätte in der Szene zu einem allgemeinen Gelächter geführt, als sich darüber im Bulls Eye unterhalten wurde. Die Anwesenden hätten die Beamten von LKA und BKA auch einer Schmähkritik unterzogen. Nun korrigierte Wieschke, dass dies nicht die Maßnahmen im November, sondern eine vorherige präventive Maßnahme vor drei Jahren betroffen hätte.

Um welche Waffenteile es konkret ging, wisse er aber nicht. Ihm sei nur bekannt, dass der besagte 3D-Drucker rechtzeitig weggeschafft wurde. Dabei wurde auch auf einem privaten Rechner im Flieder Volkshaus eine entsprechende Software für den 3D-Drucker aufgefunden. Hiervon will Wieschke aber auch erst durch ein Studium der Akten Kenntnis erlangt haben. So hätte auch jede beliebige Person aus der rechten Szene auf diesen Rechner zugreifen dürfen.

Corona-Demos und Vermittlung von Szene-Anwälten

Anschließend wollte die Bundesanwaltschaft noch wissen, auf wie vielen Corona-Demos er mit KO51-Mitglieder gewesen sei. „Unzählige“, antworte Wieschke, schließlich fanden diese ab dem Ende des Jahres 2021 wöchentlich statt. Mit Eric K. hätte er dabei bis zu seiner Festnahme zusammengewirkt. Neben einer von ihm durchgeführten Demo in Eisenach nannte er auch Demos in Berlin und Leipzig. Eine gemeinsame Anreise sowie ein geschlossenes Auftreten der Eisenacher hätte es aber nicht gegeben. Insgesamt sei dabei ein heterogenes Teilnehmerfeld aufgetreten.

Auch Szene-Anwälte soll Wieschke den Angeklagten nach der Festnahme vermittelt haben und es zudem als „Ober-GAU“ betitelt haben, falls Bastian Ad. aussagen möchte. Am ersten Verhandlungstag brachte der damalige Verteidiger von Ad., Mustafa Kaplan, noch eine Verständigung ins Spiel, um die erwartete Haftstrafe zu reduzieren. Später legte Kaplan sein Mandat nieder. Wieschke erklärte nun, dass es „Klatsch und Tratsch in der Szene“ war, dass Ad. aus familiären Gründen bzw. mit einem Anwalt aussagen könnte. Wieschke erklärte, dass er es als „schlimmsten anzunehmenden Unfall“ ansehen würde, wenn Ad. auf diese Weise andere KO51-Mitglieder belastet hätte.

Übliches Spiel der Verteidigung

Rechtsanwalt Hammer stellte nur eine einzige Frage und wollte wissen, wann die Anschlagserie der linken Szene begonnen hatte. Auf die Nachfrage von Wölfel nannte er dann noch zwei zuständige Polizist:innen der PI Eisenach, die mit ihnen Absprachen bei politischen Veranstaltungen getroffen haben sollen. Anschließend nannte er auch noch Namen von Trainingsteilnehmern, die angeblich keine politischen Aktivisten gewesen sein sollen, wie Benjamin S.. Dieser soll teilweise auch bei dem Polizeisportverein trainiert haben, ergänzte Wieschke dann. Dort sei aber dann ausgeschlossen worden, weshalb die Trainingsmöglichkeit durch Knockout 51 für ihn geeignet schien.

Im Übrigen nutzte er die Fragestunde nochmals, um die Aktivitäten der Angeklagten zu relativieren. Alle Gewalttaten hätten nur private Gründe gehabt. Hätte Leon R. gewaltvolle Absichten kommuniziert, hätte Wieschke die Zusammenarbeit beendet. Schließlich würde es ihm nur um den „legalen Kampf“ gehen. Außerdem hätte Leon R. auch einen informellen Austausch mit dem LKA begrüßt. Außerdem hätten die Eisenacher Rechte Angst aufgrund befürchteter Überfälle gehabt. Auch er würde dauernd unter Strom stehen und sei von psychischen Beeinträchtigungen betroffen. Abschließend bedankte sich der Richter noch für Wieschkes Aussagebereitschaft, dann ging es für ihn schon zurück in die JVA.

Im Anschluss an seine Aussage wurde Wieschke in rechten Chatgruppen erneut als „Kameradenschwein“ betitelt. Dabei war er heute darum bemüht, sämtliche belastende Aussagen seiner früheren Vernehmung zu relativieren. Teils lieferte er zwar Einblicke in die Eisenacher Strukturen und nannte (wohl aus Versehen) neue Details. Der Großteil seiner Angaben war aber ohnehin bereits aus der Anklageschrift und der bisherigen Beweisaufnahme bekannt. Zumindest die Angeklagten müssen durch seine vierstündige Zeugenaussage keine höheren Haftstrafen erwarten. Wieschke könnte von seinem durchschaubaren Manöver insgesamt selbst profitiert haben. Noch in der gleichen Woche wurde er aus der Untersuchungshaft entlassen und kandidierte erneut als Spitzenkandidat für die Stadtratswahl in Eisenach.